Freitag, 15. Juli 2011

Es wird warm (auf der Teerstrasse)


13.7.
Da wir den Abzweiger nach Бугат (Bugat) vor Булган (Bulgan) nicht finden (oder währe es der nach Wanderweg aussehende Trampelpfad gewesen) entschliessen wir uns doch nicht ins Selenge Tal zu fahren. Zumal wir eh noch nicht wussten ob wir nicht von Bugat doch weiter nach Эрденет (Erdenet) sollten, da unsere eingerechnete Zeit für die Mongolei langsam zu Ende geht und wir zudem um ängstliche Eltern zu hause zu vermeiden uns unbedingt mal daheim melden müssten und Geld wollten wir ja eigentlich auch noch. 

Idyllischer Bach
Wiedermal schöne Wolkenbilder
Diese beiden Sachen erhofften wir uns nun in Bulgan erledigen zu können. Wir schätzten die Chance dazu gut ein, denn die Stadt war wirklich so gross wie wir dachten. Banken gab es auch, nur die wahren ebenfalls geschlossen und die zwei Geldautomaten die wir fanden, wollten obwohl jeweils Visa darauf stand uns kein Geld geben, irgend ein Problem mit der Verbindung. Mit Internet sah es auch nicht besser aus, das offizielle hatte zu, und die Orte zu welchen wir nach Fragen geschickt und an einen auch von einem Mädchen geführt werden, haben gar keines. Dafür gibt’s unseren ersten grossen Supermarkt in der Mongolei. Um Fleisch einzukaufen muss es aber auch hier nicht unbedingt der Supermarkt sein, unweit der Stadt treffen wir Autofahrer die zwei Schafe zum Essen direkt von einer weidenden Herde kaufen.
Es ist warm und der Teer macht es noch wärmer, zum Mittagessen finden wir zum Glück auf einem der Pässe schattenspendende Tannen.
Auf dem Pass vor Эрденет (Erdenet) kommen uns wieder mal Radfahrer entgegen, doch es sind keine Tourenfahrer, sondern Jungs von der Stadt die einen gemeinsamen Radausflug machen.

Einheimischer Rennradfahrer
Erdenet ist überraschend bunt, viele farbige Dächer decken die Wohnhäuser. Die Innenstadt ist modern und lebendig. Die Frauen sind schön gepflegt bis aufgetakelt und ich komme mir mit meiner nicht sehr eleganten und edlen Kleidung schon ziemlich underdressed vor. Hier scheint es alles zu geben (sogar Internet und Geld ausspeienden Geldautomaten). Die Stadt ist noch nicht sehr alt und stark russisch geprägt. Lange zeit war sie nicht, oder falsch auf den Karten eingezeichnet, da es sich um eine der bedeutendsten Mienen in der Mongolei handelt, die mit zuerst vor allem unter russischer Leitung betrieben wurde. Christian geniest es mal wieder richtig ausgiebig Mail schreiben und News abrufen zu können, und ich nutze es in der Warte- und Velobewachzeit endlich mal wieder zum Lesen zu kommen.
Schon im Abendlicht fahren wir wieder aus der Stadt. Am Bahnhof, der leicht ausserhalb der Stadt liegt, steht gerade der Abendzug bereit. Kurz überlegen wir uns spontan mitzufahren, können uns aber nicht wirklich dazu entschliessen, zumal wir auch das Gefühl haben, dass er ziemlich umgehend abfährt, da viele Leute schon zu ihren Wagons rennen. Doch als wir weiterfahren steht er immer noch, und überholt uns erst später, hätte somit gut gereicht um Tickets zu kaufen und die Mongolische Eisenbahn von innen kennenzulernen.
Gerade als die Bahn vorbei fährt, passieren wir Leute, die am aus Wasserlöchern am Wasserschöpfen sind. Wir gehen bei ihnen vorbei und auch unsere Flaschen werden mit dem kühlen, klaren Nass gefüllt. Unser Nachtplatz liegt zwar an einem Bachbett, aber der Bach ist zur Zeit nicht zu hause, der Platz ist aber dennoch sehr schön, und die Feuerstelle zeigt, dass wir nicht die ersten sind die diesen Platz geniessen.

Erdenet
Der Stadtplan

Der Bahnhof ist leicht ausserhalb

Wasserlöcher

Unser Zeltplatz unweit der Strasse
14.7.
Wir fahren bezeiten los, um in der wirklich heissen Zeit auch eine längere Pause einlegen zu können. An Жаргалант (Jargalant) das nicht direkt an der Strasse liegt fahren wir vorbei. Hier in der Gegend sehen wir die ersten richtigen Felder in der Mongolei. Es wird somit schon noch ein anderes Lebensmittel als Milch und Fleisch produziert.
Es wird schon warm, als wir den ersten Pass hoch fahren, aber die Teerstrasse fährt sich dafür gut, erst recht die andere Seite runter, mit leichtem Rückenwind und schwacher Neigung. Auch hier hat es Felder, aber es ist nicht so richtig klar ob sie vergraset sind, oder ob dies angepflanzte Frucht ist.

Ungewohnt wieder Felder zu sehen

Immer schön auf einem Pass zu sein

Blick in die Weite

In Баруунбурэн (Baruunbüren) wird eingekauft, doch die Ortschaft ist wesentlich kleiner als von uns eingeschätzt. Im Hauptteil hätte es eigentlich mindestens drei Lebensmittelläden, doch die sind alle geschlossen, obwohl noch nicht Mittag oder so ist. Ein wenig ausserhalb Richtung Strasse finde ich dann doch noch einen Laden. Christian hat mich für einmal kurz alleine gelassen, da er noch in der Autowerkstatt war um seinen Konus mit einem zweiten Schlüssel nachzustellen. Die Werkstatt hatte den gewollten Schlüssel zwar nicht, aber ein Autofahrer mit gutem Werkzeugkasten, der auch in der Werkstat war konnte aushelfen.
Die Auswahl im einzigen offenen Laden war zwar nicht riesig, aber durchaus genügend, und die Bedienung war wieder mal sehr freundlich, auch wenn wir uns ja nicht richtig verständigen konnten. Hinter der Theke lag auch ein Englischübungsheft rum, aber der Junge dem es gehörte, zog es vor nicht Englisch zu sprechen. Es geht weiter Richtung nächstem Pass, sehr grosse Steigung gibt es hier zwar nicht zu überwinden, aber die Wärme macht trotzdem Müde. Mittag machen wir kurz vor dem Pass in einer Entwässerungsröhre der Strasse, einzigen Platz mit Schatten weit und breit und aus der Röhre kommt noch leicht kühle Luft. Zum Essen gibt es zum wiederholten unter anderem Salat aus dem Glas, schmeckt uns eigentlich ganz gut, und ist oft neben Dosen einziges Gemüse, dass es zu kaufen gibt.
Auf der anderen Seite des kleinen Passes geht es zuerst mit Landwirtschaftland weiter, danach wechselt die Landschaft und es wird wieder trocken. Im Frühjahr muss es hier wohl aber keine Rinnsale geben, den in Senken und Rillen stehen einsame kleine Bäume und Büsche, schöne Kontraste von sandbraun und Grün. Obwohl es eigentlich dem Орхон гол (Orkon Gol) entlang runter geht, führt die Strasse nochmals hoch, da sich der Fluss hier durch einen Hügelzug hindurchquetscht. Wieder beim Fluss, überquert die Strasse diesen. Hier bei der Brücke gibt es auch ein Restaurant und mehrere kleine Läden sowie Fischstände. Da es immer noch heiss ist fahren wir runter an den Fluss. Christian geht kurz schwimmen, da wir nicht die einzigen sind, und ich nicht weiss, was die Mongolen davon halten, wenn ich mit meinem Sport BH und Unterhosen rummarschiere, lasse ichs baden bleiben, denn bis anhin konnte ich noch keine badenden Frauen beobachten. Aber auch der Schatten der Brücke bringt schon schöne Kühlung. 

Noch Felder, aber es sieht trocken aus

Im Frühjahr fliesst hier wohl ein Bach

Der Fluss bringt Grün

Wenn Brücken die besten Schattenspender sind

Auch die Schweine geniessen das kühle Nass
Kurz nachdem wir losgefahren ist, überholt uns ein Autos, die Insassen winken freundlich und halten an. Es ist eine ältere Amerikanerin mit ihrer mongolischen Gastfamilie. Sie ist Englischlehrerin und hier vom Peace corp zum Unterrichten. Zur Zeit ist sie aber noch in der Angewöhnungszeit. In welche Ortschaft es sie verschlagen wird, weiss sie noch nicht, Дархан (Darkhan), das wir noch passieren werden ist eine ihrer Favoritinnen. Wir empfehlen ihr Tosontsengel, welches uns eine gute Mischung zwischen Land, Tradition, Moderne und Stadt erschien. Ihr momentaner Aufenthaltsort, die nächste Stadt Сайхан (Sajchan) gefällt ihr auch gut. Sie wohnt mit der Familie in einem modernen Appartement. Sie meint, dass die Familie auch eigenes Internet hätte, dies aber eigentlich kaum brauche. Kann wohl die fehlende Internetbegeisterung der Mongolen der Grund sein, dass es hier eine geringere Dichte an Internetkaffees gibt als in Afrika.
Sajchan ist wieder eine spezielle Ortschaft, auf der von uns linken Strassenseite liegt die übliche Einfamilienhaus/-hüttensiedlung auf der rechten eine Ansammlung von modernen Wohnblocks mit Begrünung. Wir fahren nicht in die Stadt, sondern gehen ins an der Einfahrtsstrasse stehende Restaurant für Nachtessen. Unsere Wahl aufs Gratwohl ist wiederum nicht schlecht und da Fahrrad fahren hungrig macht, genehmigen wir uns gleich noch ein weiteres Menu. Auch das gute Agavengetränk, dass wir von einigen Tagen geschenkt bekamen gibt’s zu kaufen. Dieses schmeckt mir sehr gut, wirklich erfrischend nach einem heissen Tag. Mit vollem Bauch fahren wir noch in den Abend. Die Schlafplatzsuche ist nicht ganz einfach, da links und rechts der Strasse Landwirtschaftsland ist, und Dinas Angst vor wütenden Bauern hat. Schluss endlich finden wir doch noch einen guten Platz, er ist zwar am Rande wohl einer alten zugeschütteten Mülldeponie, aber bietet dafür schöne Aussicht ins Tal und die Aufschüttung gibt gewisse Deckung, gegen die Strasse.
Sajchan (die moderne Seite)


15.7.
Wir fahren runter Richtung Дархан (Darkhan). Plötzlich wird die Strasse holpriger, hier besteht ein Teilstück aus Betonplaten, wohl gute alte DDR Entwicklungshilfe gewesen, z.T. sind die Schwellen zwischen den Platten ziemlich hoch, und man muss aufpassen, dass es nicht zu starke Schläge gibt, ansonsten wäre die leichte Strassenneigung super zum vorwärtskommen. Einige Kilometer vor der Stadt überquert die Strasse den Kharaa Gol. Hier gäbe es auch schöne Zeltplätze, denn es stehen erstaunlich wenig Jurten, dafür hats ab und an andere Campierende. Die Strasse nach Darkhan ist bald links und Rechts von hohen Bäumen gesäumt, eine Kanalisation mit Strassenentwässerung gibt es auch, nur leider scheinen die meisten Abflussgitterroste abhanden gekommen sein, somit heisst es aufpassen am Strassenrand. Darkhan ist gross und modern, gross geworden von den Minen und begleitenden Industrien, schon von weitem sah man den Dunst der Stadt. Die wirklich grossen Supermärkte öffnen erst später, den denn wir schlussendlich finden hat erstaunlich viele Deutsche Produkte, so wird es die nächsten Tage, deutsches Birchermuesli geben.
Als wir aus der Stadt hinausfahren ist entlang der Hauptstasse schon mehr los, und es braucht gewisse Konzentration beim Fahren und das Rumschauen wird durch die immer noch fehlenden Abflussgitter begrenzt. Der Verkehr nimmt aber schnell ab als wir aus der Stadt raus sind. An dem Ende der Stadt stehen dann doch noch typische Winterhaussiedlungen mit farbigen Toren.

Arbeiterdenkmal vor Dakhan

Zug bei Dakhan

Unweit von Darkhan gibt es wieder einen Landschaftswechsel, die Vegetation wird wieder karger und die Strasse führt auf eine Bergkette zu. Wunderschön anzuschauen ist der davor liegende Salzsee um welchen die Strasse in breitem Bogen führt. Es geht über einen kleinen Pass durch die Hügel, hinten runter lassen sich auf der guten, leicht abfallenden Strasse dann wieder Kilometer heizen. Unten im Tal angekommen geht es über den Fluss. Da es schon wieder heiss ist, gehen wir baden. Wir sind nicht die einzigen, neben ein paar ebenfalls durchreisenden Mongolen steht auch eine ganze Pferdeherde im kühlenden Wasser. Der kleine Fluss ist sehr erdig, und ab und an kommt auch mal ein Pferdeapfel geschwommen. Doch die Mongolen scheint es nicht zu stören und so plantschen auch wir im Braun. 

Beinekühlen tut gut

Die Erfrischung weicht schon bald wieder, auch wenns nur leicht hoch geht, ist man immer wieder froh, wenn kurz ein Baum oder Busch Schatten auf die Strasse wirft. Aber zum Glück kommt mit dem Yeröö Gol schon der nächste Fluss. Dieser ist grösser und wesentlich klarer. Auch gibt es hier schöne schattige Plätze direkt am Fluss, eigentlich schade, dass es nicht schon Übernachtungszeit ist. Wir sind wiederum nicht die einzigen, die sich im Nass vergnügen, in der Nähe ist gerade eine kleiner Gruppe am sich einzuschäumen und waschen.
Kaum los gefahren, eiert Dinas Hinterrad plötzlich, die Kontrolle zeigt, es sind schon wieder zwei Speichen hinüber und dies auf der Teerstrasse. Dina kann es kaum glauben, nach dem durch das holprige Tadschikistan nie was war und nun gleich so eine Häufung. Zum Glück sind noch genügend Ersatzspeichen dabei und der Zahnkranz lässt sich auch lösen. 

Kleine weisse Punkte - Jurten am Fluss

Langsam sind Bäume in Sicht

Heute ist einfach ein Tag zum Baden
Nach dem nächsten kleinen Pass wird’s Waldig und zum Teil spenden die Bäume sogar den ersehnten Schatten auf der Strasse. Plötzlich überholt uns eine grosse Gruppe von weissen Toyotas mit Aufschrift, wohl wieder so eine organisierte. Durch die mehreren Badepausen und Dinas Fahrrad wieder fit machen sind wir zu spät dran um noch hinter Suchbataar zu fahren. Weil wir es verpassen noch im Wald einen Zeltplatz zu suchen, haben wir zuerst Schwierigkeiten noch was von der Strasse nicht einsehbares mit Abstand zur Stadt zu finden, schlussendlich bleibt unser Schlafplatzglück aber erhalten. Zwar ist der Platz wieder Mal ohne Wasser, aber unsere Vorräte reichen noch bis wir am Morgen nach Suchbataar kommen.

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