Gespannt
fahren wir los, die Sonne und die nun sichtbaren Berge stimmen uns
frohen Mutes. In Alla gibt es tatsächlich Brot, richtig gutes und
frisches. Sogar Zopfteilchen gibt es. Und die Letten meinten in Alla
gebe es nichts und sicher keinen Laden. Einen solchen hat es aber und
mindestens noch einen zweiten.
Eine
Zeit danach, werden wir von einem entgegenfahrenden Polizisten
angehalten, er ist mit einem Kollegen, der in Zivil ist unterwegs.
Zuerst erscheint er uns recht forsch, will unsere Pässe sehen und die
Registrierung. Uns scheint er ist auf einen kleinen Zusatzverdienst aus.
Ich weiss nicht was der Grund ist, doch plötzlich ist er ganz
freundlich und gibt uns unsere Pässe zurück. Auf unsere Frage ob sie
wissen wie hoch der Fluss bei der Querung momentan sei, meinen sie ob
wir ein Boot haben, haben wir natürlich nicht (noch nicht).
Der immer
blauer werdende Himmel stimmt uns positiv, die immer noch nasse Strasse und die
übervollen Bäche weniger, wir sind extrem gespannt wie die Fuhrt des Barguzin
wohl aussehen wird. Fast ein wenig zu sehr um die schöne frisch, gewaschene
Landschaft davor richtig zu geniessen. Kurz vor dem Abzweig, wo der Hauptweg
nach Ulyunkhan geht, kommt uns ein vollbesetzter Minibus entgegen. Er hält,
einer der Insassen ist Österreicher, ein Ethnologe mit Spezialgebiet Burjatien.
Er war in Ulyunkhan an einem Fest. Hier im Barguzintal scheint gemäss ihm noch
etwas vom Ursprünglichen der burjatischen Kultur erhalten geblieben zu sein,
sonst ist scheinbar vieles in der Moderne verloren gegangen. Immerhin sind die
Russen hier schon seit dem 17.Jahrhundert vertreten. Das sieht man auch an den
Plakaten, welche an vielen Stellen hängen, auf denen ein Jubiläumsjahr gefeiert
wird und zwei Männchen in traditioneller alter Kleidung abgebildet sind, ein
Burjate und ein Russe. Man ist hier wohl um den Zusammenhalt Russlands besorgt.
Aber so weit ist das Barguzintal nicht von der Grossstadt Ulan Ude entfernt,
nur sieben Stunden mit dem Minibus. Das stimmt mich zusätzlich positiv, somit gibt es
einen Ausweg, wenn wir nicht weiter kommen, wenn die Flüsse zu hoch wären. Der
Weg nach Umchei ist schmaler aber in gutem Zustand. Im Gegensatz zu uns
geniessen die Schmetterlinge die feuchte Strasse, sie sitzen zu Hunderten auf
ihr, und flattern auf, wenn wir mit dem Velo vorbeifahren. Dazu gibt’s satt
grüne Wiesen und rauschende kleine Bäche sowie hie und da mal eine Kuhherde.
Was will wohl das Wetter?
Sieht nach Sonne aus
Sogar die Berge schauen teilweise hervor
Der Barguzin - da sollen wir weiter oben drüber?
Sattes Grün kurz vor der hintersten Ortschaft
Die Bäche sind aber immer noch sehr voll
Aber schön anzusehen
Jedem sein Haus - den Pferden...
Und den ... Kühen
Dann wird’s waldiger, nach jeder kleinen Kurve hab ich das Gefühl jetzt dann
gleich die Fuhrt zu sehen, und dann ist sie da, breit und schnell fliesst der
Fluss, auch mit viel Wasser hätte ich es mir ruhiger vorgestellt. Hier treffen
wir auch die drei dunkelblauen Jeeps wieder, die uns vor 2 Tagen überholt
hatten und an deren Aufklebern wir sehen konnten, dass sie die gleiche Strecke
vorhaben, wie wir. Sie sind gerade am Queren auf eine Kiesbank. Ihr Feuer auf
unserer Seite raucht noch sehr stark. Die Querung scheint für sie ein grosses
Highlight zu sein, alles wird filmisch festgehalten. De Jeeps sind vollbeladen
und -besetzt so versuchen wir gar nicht erst mit ihnen Kontakt aufzunehmen um
nach einer Übersetzgelegenheit zu fragen, der LKW der die Letten abholen soll
ist leider nicht zu sehen. Am anderen Ufer sind zwei Männer am Fischen und
beobachten ebenfalls die Jeeps. Der erste Jeep hat es geschafft und steht nun
auf der Kiesbank die etwa in der Flussmitte ist, ihm entsteigen neben den
Männern zwei knapp bekleidete Damen. Die Zeit die die Männer brauchen um die
anderen zwei Fahrzeuge hin zu lotsen, verbringen sie mit Kämmen und in Schale
werfen.
Und da sollen wir furten?!
Die Jeeps haben es auf die Kiesbank geschafft
Doch bei der Querung des zweiten Armes sind sie auch am Limit
Wir
beschliessen gar nicht erst hier die Querung zu versuchen sondern paar hundert
Meter weiter hoch zu fahren zur Insel wo Umchei ein Thermalbad liegt, denn die
Letten meinten dort sei es mit Rad sicher einfacher zu queren, da ein Teil des
Flusses mit einer Brücke überquert wird. Am Damm an der eigentlichen Furt
erkennt man, dass es auch einmal hier eine Brücke gab, doch von der Brücke ist
fast nichts mehr übrig. Wir radeln die 1-2 km nach Umchei und tragen über die
erste Brücke und fahren dann zum Thermalbad. Der Thermalort besteht aus
einzelnen kleinen Bungalos, die zwar nicht extrem luxuriös aber gepflegt und
sauber aussehen. Wir fragen im Thermalbad nach, wo es denn am günstigsten zum
queren wäre, aber unsere Befürchtungen angesichts
der steilen Wände am Gegenufer bestätigen sich, die Bewohner meinen, hier wäre
es nicht möglich zu queren. Dieser zweite Teil ist zur Zeit zu tief und
reissend. Wir fahren somit wieder zurück zur Stelle wo die Jeeps am Queren
sind. Der erste fährt gerade los um den tieferen und reissenderen Arm zu
durchfahren, das Wasser kommt hoch, und der Jeep muss ziemlich mit der Strömung
mit schwimmen um dann erst nach einiger Zeit im seichteren herumzulenken. Die
Jeeps sind wohl am absoluten Limit. Da wir aber nie neben ihnen standen ist
schwierig zu sagen wie hoch es wirklich ist. So beschliessen wir, es doch hier auch zu versuchen, auch wenn wir nicht
wirklich glauben, dass wir den zweiten Arm schaffen. Auf die erste Kiesbank
geht es noch einfach dann wird’s tiefer und reissender als gedacht um auf die
grössere Insel zu kommen, doch dank Schuhe anbehalten schaffen wir es. Der
tiefe Arm zeigt sich aber vollends als hoffnungslos, auch der letzte Jeepfahrer
der noch am anderen Ufer steht, gibt uns Zeichen, dass wir es garnicht erst versuchen
sollen, das Wasser würde uns bis an die Brust gehen. Da das Wasser merklich am
sinken ist, beschliessen wir vorerst auf der Kiesbank zu warten und
beschäftigen uns mit Waschen. Nach einiger Zeit erscheint einer der Fischer
wieder am anderen Ufer, und gibt uns durch das Getöse des Flusses hindurch zu
verstehen, dass wir weiterhoch kommen sollen, zur ruhigeren tiefen Stelle, er habe
dort ein Boot. So war es doch gut, in die Mitte des Flusses gekommen zu sein,
denn sonst war eine Verständigung gar nicht möglich.
Und
tatsächlich, als wir an der Beschriebenen Stelle ankommen, die wir schon vorher
einmal betrachtet hatten, sind da wieder die zwei Fischer mit einem kleinen
Schlauchboot. Es sind die Parkwächter. Mit mehreren Querungen werden wir und
unser Gepäck mit den Rädern rübergebracht, jeweils ein Rad mit einem Passagier
und dann noch das Gepäck. Auch hier wo der Fluss relativ ruhig erscheint, muss
ziemlich gepaddelt werden um noch im ruhigen Teil das andere Ufer zu erreichen
und nicht in den Schnellen zu landen. Nach einem kurzen Fussmarsch, dem Strand
entlang und über einen Pfad erreichen wir das Haus der Parkwächter, hier wird
das Offizielle erledigt, wir bezahlen die Gebühren (ein kleiner Betrag für den
Park und auch ein Obolus für die Fährfahrt) und tragen uns ins Parkbuch ein,
dazu gibt’s Tee und feines Brot. Die Nachlässigkeit der Russischen Jeepfahrern
ist auch den Wächtern aufgefallen, denn sie meinen beim verlesen der
Parkordnung, wir sollen dann jeweils die Feuer von unseren Vorfahrern löschen,
denn diese scheinen dies ja kaum zu tun. Das kleine Haus ist einfach
eingerichtet, hat aber einen Ofen für die kältere Jahreszeit, und einen Fernseher
für den Zeitvertreib. Die Parkwächter bleiben immer etwa eine Woche am Stück,
dann wird wieder gewechselt. Unser Parkwächter kommt aus dem Ort Maiysky.
Sogar
Wasser bekommen wir von den Parkwächtern. Ich finde es beruhigend zu wissen, dass
auch meist jemand auf dieser Seite des Flusses ist.
Brücke zu den Termalquellen
Unser Ruderer
Es ist unterdessen zwar schon
fortgeschrittener Nachmittag, wir beschliessen aber dennoch aufzubrechen, da
niemand weiss wie lange der schöne blaue Himmel hält.
Die Strasse
führt im guten Zustand den Hang hoch. Bald kommt uns ein grosser wohl alter
Militärlaster entgegen, auf seiner Ladefläche ist der zweite Kleinlaster der
Letten. Die Bergung hat wohl doch länger gedauert als gedacht, denn ihre
Kollegen meinten, sie sollten ihnen noch am selben Abend folgen. Der Teil der
Gruppe, die nun mit dem Lastwagen rausgebracht wird, scheint nun wirklich
einfach nur noch raus zu wollen, denn sie zeigen kein Interesse auch nur an
einer kurzen Konversation.
Weiter geht
es hoch, der Schweiss läuft, obwohl schon Abend, der Blick über das Barguzintal
ist wunderschön. Nachtessen gibt’s am Strassenrand, der übliche Ort auf dieser
Strecke zum Kochen, wie wir später erfahren und auch die vielen Überreste der
kleinen Feuer bezeugen. Auf der Passhöhe steht ein kleiner Altar und eine
Infotafel zum Park. Danach geht’s mehr oder wenig immer gleichmässig runter,
bis wieder ein Fluss, der Kovyli erreicht wird. Das Land, dass auf unserer
Karte noch als Wiese eingezeichnet ist, ist unterdessen total verbuscht und
somit nicht zum Zelten geeignet, die ehemaligen Weiden scheinen hier nicht mehr
genutzt zu werden. So fahren wir weiter, bis runter zum Fluss und kurz diesen
hoch. Die Abenddämmerung ist schon am einsetzten als wir am Ufer einen schönen
weichen Sandplatz finden für unser Zelt. Schnell wird herumliegendes
Schwemmholz gesammelt und ein Feuer entfacht, das nützt gut gegen die Mücken
und auch Bären meiden den Feuergeruch, sagt man.
Gespannt
auf den nächsten Tag mit der geplanten nächsten Barguzinquerung schlafen wir
ein.
Huckepack, er hats leider nicht geschafft
Weite bewaldete Hügellandschaft
Blick zurück ins Tal
Hier wurde vor wenigen Jahren noch Weidewirtschaft betrieben
Immer mal wieder hat es moorige Stellen
Gegen die Mücken gut, das Feuer
23.7. Als wir am
nächsten Morgen aufwachen hängen die Wolken tief im Tal und es tropft vom
Himmel. Nach dem gestrigen Schönwettertag hatten wir wirklich nicht schon
wieder Regen erwartet. Nach einiger Zeit raffen wir uns dann dennoch auf, und
gehen zu unseren Essenstaschen die in einiger Entfernung im Wald auf einer
Tanne hängen Frühstücken.
Leider will
das Geniesel nicht aufhören, immerhin scheinen nun die Wolken nicht mehr ganz
so tief im Tal zu hängen, somit überwinden wir uns und fahren los. Der Regen
wird immer mal wieder stärker und wir versuchen unterzustehen, doch die eher
kleinen Lerchen bieten nur wenig Schutz auch wenn sie nahe beieinander stehen,
da ist die kleine Jägerhütte die schön in einer saftigen Wiese mit Bächlein
steht schon eher geeignet. Ein kleiner einfacher Ofen würde auch heizen
erlauben.
Hier in der
Nähe gibt es noch eine der einzigen noch bewirtschafteten Farmen in der Gegend.
Das Farmhaus sieht aber verlassen aus. Kurz darauf zeugt eine grosse
Pferdeherde davon, dass noch Viehwirtschaft betrieben wird. Der Regen wird
schwächer, aber die Wolken hängen weiterhin tief, so ist unser Blick auf die
Nähe beschränkt. Die Strecke zieht sich
noch und wir haben einige mittlere Bäche zu queren. Am grössten ist die Furt
des Kovyli, an der wir dann auch Mittag essen. Leider ist dort kein kleiner
Pavillon wie an einer vorhergehenden Furt. Die Mücken sind heute wieder lästig,
so dass wir mit Mückenhaube radeln. Obwohl der Regen eher nachlässt ist die
Strasse hoch zum Pass der wieder ins Barguzintal führt klebrig aber zum Glück
meist nicht allzu steil, so dass nur ein paar wenige steile Zwischenstücke
geschoben werden müssen. Die Piste hier ist wohl noch vor kurzem einmal zum
Teil geschoben worden. Zwar sind die Furten zum Grossteil zu durchfahren, bei
kleineren Bächen sind aber oft intakte Brücken oder es sind neue Holzbrücken
neben völlig morschen alten Brücken.
Auch die kleineren Bäche haben relativ viel Wasser
Die Strasse ist vorerst meist gut fahrbar
Mehr Mühe
bereitet uns dann die Runterfahrt, die Strasse ist leicht gewellt und von
vielen grossen Pfützen durchsetzt, wir ahnen zwar noch nicht wie tief die
wirklich sind, da das Wasser eine braune Sauce ist, schieben aber dennoch zum
Teil mühsam am Rand durch. Somit ist immer wieder Absteigen, Schieben,
Aufsteigen, kurzes Stück fahren und wieder Absteigen angesagt, immerhin hat das
Nass von oben fast komplett nachgelassen. Wir kommen nur langsam vorwärts, und
da wir da Regen am Morgen spät los waren ist schon Abend als wir ins Barguzintal
runterkommen. Wir sind gespannt wie der Fluss hier weiter oben aussehen wird,
doch zuerst müssen wir durch einen Bach waten, der uns auch eher höher als
Normalstand dünkt. Und dann sind wir wieder am Barguzin, wie das letzte Mal,
raucht noch das Feuer entfacht von den Insassen der drei blauen Jeeps. Ein
wenig feuchtes Holz nachgelegt und schon brennt es wieder, riesige Büchsen sind
drinnen, die zusätzlich die Wärme gespeichert hatten, die Mann- und Frauschaft
war wohl hungrig. Die Jeeps müssen somit erst vor kurzem gequert haben, Stäbe
am Ufer zeugen davon, dass sie den Wasserstand beobachtet haben. Christian
steht nur am Rand und geht kurz in den Fluss, er ist reissend, und kommt ihm
schon jetzt ziemlich hoch. Da wir müde sind und die Sonne fast durch die
Wolkendrückt, und somit gewisse Hoffnung auf besseres Wetter besteht,
beschliessen wir heute Abend nichts mehr zu riskieren und schlagen unser Zelt
auf einer erhöhten Sandbank am Fluss auf.
Immer wieder müssen riesige Pfützen umgangen werden
Bald wieder am Barguzin
Der Bach wenige Meter vor der Barguzin Furt
Die Barguzinfuhrt bei unser Ankunft, Wasserstand ist schon eher hoch
Doch die Wettergötter scheinen es
nicht gut mit uns zu meinen, kaum ist es dunkel setzt wieder Regen ein. Etwas
vor zwölf hören wir Motorenlärm, doch die Scheinwerfer scheinen auf der anderen
Flussseite weiter ins Tal zu fahren. Der Fluss ist schon kräftig gestiegen,
doch Christian schafft es nochmals mich zu überzeugen, dass das Wasser sicher
nicht bis zu uns kommen wird.
24.7. Wir schlafen nur kurz, dann wieder Motorenlärm,
es ist kurz nach zwölf, diesmal tauchen tatsächlich zwei Lastwagen auf der
anderen Seite auf. Einer von ihnen fährt direkt zum Fluss. Doch sie scheinen ihm
nicht ganz zu trauen, der Laster wird zwar noch seitwärts ins Wasser am Ufer
gestellt, es scheint um die Strömung zu testen. Sie wagen nicht zu queren.
Somit wird sicher nichts mit einer unerwarteten Lastwagenbrücke in Mitten der
Nacht für uns.
Der Fluss
ist weiter gestiegen, und nun lässt sich auch Christian von mir überreden, dass
wir das Zelt weiter hoch stellen, auch wenn er nachwievor überzeugt ist, dass
so hoch der Fluss sicher nicht steigen wird. Wir hatten uns aber schon einige
Fixpunkte gemerkt, die aber zum Teil schon überspült sind. Das Bild am nächsten
Morgen lernt uns ein besseres, dort wo vormals unser Zelt stand ist nun Wasser,
da hinter dem Damm gelegen, zwar nicht reissend und somit wären wohl bei gutem
Schlaf einfach die Sachen nass geworden, Staunen tun wir trotzdem, denn unser
Zelt steht auch nun nicht mehr weit vom Wasser weg. Der Damm ist ein
Überbleibsel von einer Brücke, die wohl auch hier schon einmal über den Fluss
ging.
Es regnet
noch etwa bis zehn Uhr, dann beginnt der Himmel aufzureissen. Es ist
wunderschön hier am Fluss mit Sonne, doch nun ist er definitiv zu hoch zum queren,
auch die Lastwagen versuchen es gar nicht erst. Sondern sie entfachen ein Feuer
und scheinen sich auf Warten einzurichten. Die zwei Lastwagen sind erstaunlich
gut besetzt, so warten uns gegenüber sicherlich 10 Männer. Die
Verständigungsversuche scheitern am Rauschen des Flusses.
Unser Zelt stand leicht hinter den Grasbüschel im Wasser Richtung Fluss
Die andere Seite
Auch auf dem erhöhten Platz ist das Zelt nur knapp im Trocknen
Uns bleibt nichts als
warten und hoffen auf baldiges Sinken des Wasserstandes. Auch der Bach ganz in
der Nähe ist mächtig angestiegen, ein Queren aber noch knapp möglich. Einige
der Männer auf der anderen Uferseite fischen, die anderen Sitzen auf dem Damm
an der Sonne, wir lesen. Das Wasser war noch kurz am Steigen nach dem die Sonne
kam, doch gegen unten geht es langsamer als erwartet. Wir vermuten und hoffen,
dass im Verlauf des Tages auch von unserer Seite Verkehr kommt, um sicher eine
Mitfahrgelegenheit über den Fluss zu haben, beim ins Talreinfahren zur ersten
grossen Barguzinfurt hatten uns noch zwei weisse, modernaussehende Jeeps
überholt, die wir auch für Touristen hielten, die womöglich die Querung zur BAM
Linie machen. Doch es bleibt ruhig.
Auch gegen
Abend können die LKW noch nicht ans Queren denken und wir somit ganz und gar
nicht. Kurz fährt der eine LKW weg, wohl um Holz zu schlagen im nahen Wald.
Auch sie richten sich ein für die zweite Nacht. Wie wird wohl das Wetter
bleiben. Die erste Nacht am gleichen Ort in diesem Urlaub. Meine Seele wandert
für einmal in den Träumen nicht weiter, alles dreht sich nur um das
Flussqueren, am Schluss teilt er sich, dass wir trockenen Fusses rüberkommen.
Die Landschaft und nun auch das Wetter sind wunderschön
Abendstimmung - was bedeuten wohl die leichten Wolken?
25.7.
Der
Rückgang in der Nacht war nicht so stark wie erhofft, der Himmel leicht
bewölkt, aber zum Glück setzt sich die Sonne durch, ob es weiter hinten im
Einzugsgebiet auch so ist? Gegenüber wird mehrheitlich ausgeschlafen, und es
ist noch nicht viel los, spätes Frühstück. Doch gegen Mittag kommt plötzlich
Bewegung rein, die Motoren werden aufgewärmt. Wir packen schnell unsere Sachen zusammen und
spekulieren darauf, dass sie uns eventuell mit rüber nehmen können, wir
überlegen uns noch was unsere finanzielle Schmerzgrenze wäre. Dann fährt der
erste LKW vorsichtig ins Wasser. Dieses scheint immer noch höher zu sein, als
auf den Bildern die wir von der Stelle im Voraus sahen. Wie hoch es wirklich
ist, merken wir erst als wir neben den Rädern der LKW stehen. Endlich ist
Kommunikation möglich, für die Fahrer ist die Strecke keine unbekannte, sie
passieren sie oft das Jahr hindurch. Somit brauchen sie gar nicht zu überlegen,
als wir sie fragen, ob sie uns gegen Bezahlung rüberfahren. Nein, es geht
nicht, da gegen die Strömung würde die Motorhaube und Kabine überspült. Wir
sollen aber ruhig hier bleiben, sie kämen, wenn es die Flüsse erlauben übermorgen
früh zurück, dann könnten wir mit ihnen mitfahren bis nach Novoj Uojan. Mir
würde es somit, wenn die Flüssen es wollen so gerade auf meinen Zug zurück nach
Novosibirsk reichen. Den Nachmittag verbringen wir mit Gegend erkunden und
lesen. In etwa einem Kilometerdistanz gibt es eine Kontainerunterkunft, die
wohl bei andauerndem Regen eine gute Unterkunft bietet, mit Ofen auch
beheizbar. Der Fluss geht zurück, aber weiterhin nur langsam. Auch die
Erkundungen am Flussufer entlang führen zu keinen brauchbaren Furten. Weiter
oberhalb sieht es zwar machbarer aus, aber der Fluss ist doch zu stark strömend
und zu tief, zumal mit dem Fahrrad, welches man ja irgendwie neben sich
herschleppen muss.
Die Furt wird angegangen
Die Gegenseite hat es mit der Strömung geschafft
Unweit der Furt auf unserer Seite steht eine Barackenhütte als Schutzunterkunft
Das Wasser ist schon zurück gegangen, für uns aber längstens noch nicht genug
Blick den Barguzin hoch
26.7. Die Nacht
verläuft ruhig, der Morgen begrüsst uns wieder im Strahlenden blau, doch wieder
ist der Fluss nicht wirklich stark zurück gegangen. Zwar schaut die Feuerstelle
der Jeepfahrer wieder aus dem Wasser heraus, aber sie wird immer noch leicht
umspült. Wir wissen nicht recht was wir sollen, wirklich ruhig hier warten bis
die anderen zwei LKWs wiederkommen? Aber können sie wirklich wiederkommen, denn
sie wussten als sie gefahren sind nicht einmal ob sie unten Queren können.
Kommen sie einen Tag zu spät verpasse ich meinen Zug und ziemlich sicher auch
mein Flug, ausser ich käme schnell mit Bussen und LKWs weiter. Um Umzukehren
und sonst Novosibirsk zu erreichen, damit mein Flug nicht ohne mich geht,
müssten wir auch heute los. Wir sind hin und her gerissen, da wir genug vom
Warten haben, beschliessen wir den LKWs entgegen und somit zurück zu fahren.
Mit Sonne ist die Gegend noch viel schöner, und auch wenn es immer noch Pfützen
hat, kommen wir bergauf schneller voran als wir bergab kamen. Über den Pass und
dann in schneller Fahrt das Tal runter. Es ist schön wieder Fahrrad zu fahren.
Eine der neueren Brücken
Der Weg ist einigermassen trocken wesentlich besser zum Fahren
Hey, was steht denn da an der Bachquerung? Ein imposanter LKW, sieht aus wie
ein Überlebensmobil, ist aber ein alter Militär LKW und mit seinem Besitzer
Albert, seinem Sohn und dessen Kollegen unterwegs nach Taximo. Sie waren gerade
am Rasten, wie selbstverständlich werden wir zum Tee und Picknick eingeladen,
ja, wir können mit ihnen mitfahren. Schon morgen werden sie voraussichtlich in
Ulan Ude sein. Gemeinsam werden die Räder und unser Gepäck aufs Dach gehoben,
dort nehmen auch die zwei Jungen Männer Platz, wir dürfen vorne.
Unsere Mitfahrgelegenheit
Der
Geländelaster, ein Kamaz ist wirklich ein beeindruckendes Gefährt, die Räder
alleine sind schon fast mannshoch. Zum dritten Mal fahren wir nun einen guten
Teil der Strasse bis zur Furt, doch die perspektive aus dem LKW ist anders,
denn wer hätte gedacht, dass die grossen Pfützen eigentlich vielmehr
Wasserlöcher sind von über 1.50 m Tiefe. Problemlos erreichen wir wieder die
Barguzin-Furt. Albert beobachtet kurz den Flusslauf und fährt dann rein. Das
Wasser ist immer noch tief und man kommt sich beim aus dem Fensterschauen mehr
vor wie in einem Boot als einem Lastwagen. Danach gibt’s einen kurzen Abstecher
leicht weiter unten am Fluss zum Fischen, die Stelle soll besonders gut sein.
Dies hatten uns auch schon unsere Gegenseite beim Warten erzählt (sofern wir
ihre Zeichen richtig deuteten). Doch heute will es nicht mit dem Fisch, nur ein
kleiner beisst an und wird gleich wieder zurück geworfen.
Der Weg
steigt nun an und geht weg vom Fluss. Oben angelangt gibt es eine gewaltige
Aussicht aufs Flusstal. Wir halten an und steigen auf einen Felsen um die
unglaubliche Aussicht auf den sich schlängelnde Fluss und die weiten Wälder
anzuschauen. Weiter geht’s durch den Wald, oft stehen die Bäume so eng an der
Strasse, dass ab und an der Sohn von Albert aussteigt, und den einten oder
anderen mit der Axt entfernt.
Zum
Abendessen gibt es Pause an einem Bach, hier steht eine der mächtigen Brücken
die nie richtig platziert wurden. Schnell wird feuer gemacht und Teewasser im
Topf aufgesetzt. Dazu gibt es wieder vom feinen Fleisch aus dem grossen Topf
und feines Brot, wir können leider nur Kekse dazu beitragen.
Albert
kennt die Strecke wirklich gut, so fährt er schon seit Jahren viele Male hin
und her nach Taximo um Benzin zu holen. Dieses ist dort, so erzählt er,
günstiger als im Barguzin Tal und so lässt sich damit ein Arbitragegeschäft
machen auch wenn sicher für den Kamaz einiges an Benzin draufgeht.
Es ist
schon am eindunkeln, als wir nahe der Strasse im Wald einen anderen Lastwagen
und daneben Zelte sehen. Albert geht
kurz Hallo sagen. Es ist ein jüngerer Fahrer aus der Ortschaft wo der Track
endet, welcher mit Studenten unterwegs ist. Nun wird die Strasse wieder
schwieriger, immer mal wieder gibt es Abschnitte mit grossen Steinen oder
Löchern. Ab und an muss angehalten werden, um auf die Schnelle die „Strasse“ mit
gefällten kleinen Bäumen oder anderen grossen Steinen auszubessern. Trotz nun
vollkommener Dunkelheit geht unsere Fahrt weiter. Mal ein Fuchs der durchhuscht
und sonst einfach nur Einsamkeit. Erst spät am Abend wird für die Nacht in
Mitten der Strasse gehalten. Wir schlagen unser Zelt auf, die anderen schlafen
im und auf dem Lastwagen.
27.7.
Der nächste
Tag ist leider wieder wolkenverhangen und es tröpfelt, wir beschliessen nach
längerem hin und her überlegen und rechnen uns wieder fahrradfahrend fort zu
bewegen, denn durch den langen Nachmittag mit Albert haben wir kräftig Zeit
gewonnen so dass es uns gut auf meinen Zug nach Nuova Uian reichen sollte. Geld
will Albert von uns keines aber immerhin nimmt er eines unserer Sackmesser
dankend an. Uns hat er ein einmaliges Erlebnis ermöglicht, und dies mit einer
unglaublichen Selbstversändlichkeit, hat man doch nicht oft die Möglichkeit mit
einem so eindrücklichen Fahrzeug eine so schöne Strecke mitzufahren.
Dennoch
geniessen wir es doch noch einen weiteren Teil dieser schönen Strecke auf dem
Rad zu entdecken. Wir sind noch nicht allzu lange unterwegs als von hinten der
Lastwagen mit den Tomsker Studenten kommt die auf dem Rückweg sind. Extrem viel
schneller als wir sind sie nicht, denn als sie Pause machen treffen wir sie
nochmals. Der Regen hält sich zum Glück einigermassen zurück es Nieselt nur ab
und an leicht. Nur die Mücken finden es leider heute besonders schönes
Flugwetter Dina wird ganz genervt bis sie sich endlich wieder das Netz über den
Kopf stülpt. Grosse Stücke sind hier gut fahrbar, ab und an mal eine Pfütze zu
umstossen.
Aber der härteste Teil liegt nach unseren Erkundungen noch vor uns,
die Strecke wo die Strasse für nicht ganz 2 km immer wieder im Bachbett mit
grossen Steinen verläuft. Nach den Erzählungen der Letten hatten sie dort ewigs
gebraucht. Für uns stellt es sich als weniger anstrengend heraus als gedacht.
Die Schuhe behalten wir wieder mal gleich an und ein Teil des Gepäcks ist im
Rucksack am Rücken und Vorderradtaschen haben wir gar keine mitgenommen. Zudem
haben wir natürlich noch den Vorteil, dass es bergab geht. Wenn man von den
kalten und nassen Füssen absieht eigentlich ein noch ganz netter
Bachspaziergang. Mit mehr Gepäck und bergauf ist es aber sicher anstrengender.
Nach dem
Bachteilstück wird die Strasse schnell besser und es geht generell runter und
somit zügig voran. Am See kurz vor dem Abzweig nach Kumora suchen wir ein
Schlafplatz, einige Stellen sind sumpfig, nach kurzer Weiterfahrt finden wir
dann doch noch einen schönen Platz am See. Leider sind die Berge immer noch
Wolkenverhangen, es ist auch so eine schöne Stimmung aber der Blick mit
Berggipfel muss noch gewaltiger sein. Der See ist hier sehr flach und wohl
darum auch warm.
28.7.
Unser letzter gemeinsamer Velotag ist angebrochen auf guter Strasse geht es
nach Novyj Uojan. Grösstenteils geht es durch Wald, immer wieder
gibt es schöne Blicke auf die nahen Berge, dann bringen wieder kleinere Sanddünen
oder Flüsse und Moore Abwechslung ins Bild.
Novyj Uojan ist aufgeteilt
in einen Hüttenteil und einen modernen Teil getrennt durch ein Industriegebiet,
in welchem Rost einen guten Platz einnimmt. Der moderne Teil ist nicht sehr
gross, mehrere Mehrfamilienhäuser einen Marktplatz, das grosse Bahnhofsgebäude
und ein Hotel sind schon fast alles. Seine Blütenzeit seit dem Bau der BAM
(Baikal-Amur-Magistrale, Zuglinie) ist vorbei und die Einwohnerzahl am sinken.
Dass es mal mehr waren zeigte sich schon alleine daran, dass mehrere Personen
die wir kennenlernten uns erzählten, dass sie dort geboren seien.
Das Hotel ist Zweckmässig, es gibt Gemeinschaftsbad und Küche, alles
schön sauber und sogar Wäschewaschen mit einer Maschine können wir. Das Zimmer
ist schon fast liebevoll eingerichtet mit Zimmerpflanzen und Bildern aus der
Region. Im selben Gebäude gibt es auch einen Supermarkt. Da wir schon
früh da sind können wir am Nachmittag gemütlich Essen gehen, am Bahnhof vorbei
schauen und unsere Sachen ordnen. Von hier trennen sich Christians und meine
Wege. Christian fährt weiter der BAM entlang und ich in zwei Zugstagen zurück
nach Novosibirsk
um von dort heimzufliegen.
29.7.
Viel
zu früh sind wir am nächsten Tag am Bahnhof und verpacken mein Rad. Diesmal
haben wir kein Gepäckticket gelöst, da die Dame am Schalter meinte unter 30 kg
sei dies nicht notwendig. Gefahren wird wieder dritte Klasse. Beim einsteigen
fragt der Zugbegleiter kurz danach, als wir sagen es sei unter 30 kg ist es in
Ordnung. Damit man keine Diskussionen hat, ist es aber sicher nicht schlecht
ein Gepäckticket zu kaufen zumal sie nicht teuer sind. Schnell ist mein Gepäck
verstaut und es heisst Abschied nehmen.