Am Kargy (ca. 30 km
Luftlinie vor Mugur-Aksy) - Mündung des Chemtschegejlig-Chem
Die Nacht
wird dann nicht sehr erholsam. Etwas nach Mitternacht werden wir von unserer
Alarmanlage an den Velos geweckt. Wie abgesprochen, beginne ich zu Bellen, kurz
später setzt auch Christian ein. Draussen ist ein Rascheln und dann etwas was
tönt wie sich rasch entfernende Hufe zu hören. Christian deutet es als Hirsch
und geht raus, um den Alarm abzuschalten. Wir sind noch im Zelt am Diskutieren
als plötzlich sehr nahe ein Schuss knallt. All die schlechten Berichte, die wir
über die Tuvinen (in ihrem Land sind wir seit zwei Tagen) hörten und lasen
kommen uns in den Sinn. Unser erster Gedanke ist, da will uns jemand weg haben,
wir verbinden es zuerst gar nicht unbedingt mit dem Abgehen des Alarmes. Wir
beschliessen pro aktiv zu sein, und beschliessen raus zu gehen um mit der
schiessenden Person Kontakt aufzunehmen um zu wissen, was sie wirklich will.
Doch niemand meldet sich und es ist nichts zu hören und sehen, und dennoch
haben wir das Gefühl es sei noch jemand in der Nähe. Auch weitere Versuche
Kontakt aufzunehmen sind nicht erfolgreich. Sollen wir das Zelt abbauen und
trotzdem, dass es mitten in der Nacht ist weiterfahren? Wir beschliessen
abzuwarten bis es leicht dämmert, wirklich an geruhsames Schlafen ist nicht
mehr zu denken. Am Morgen sehen wir, dass die Expander, mit welchen wir jeweils
die Räder am Zelt befestigen gelöst sind. Dies war wohl kaum ein Hirsch! Hat
sich also die Alarmanlage gelohnt. Ob der Schuss aus Verärgerung über den
vereitelten Diebstahl war? Leider tröpfelt es als wir losgehen (als erstes
überqueren wir den Fluss). Vor allem bei mir wirkt der Schreck der Nacht noch
nach und der fehlende Schlaf tut sein übriges dazu, am liebsten möchte ich
heim, und es fällt mir schwer mich an der auch im Nieselregen schön aussehenden
Landschaft zu erfreuen. Nur ab und an sieht man eine Jurte, die Stelle wo wir
übernachteten war wohl die am stärksten besiedelte. Erst als wir kurz vor
Mugur-Aksy sind hat es öfters Verkehr. Mugur-Aksy überrascht mich dann positiv.
Die Ortschaft ist sehr belebt, gepflegt und wohl im Wachstum, so wird an ihrem
Rand überall gebaut. Auch die Leute begegnen uns offen und freundlich und wie
in der Mongolei wird man oft gefragt woher, wohin? Speziell fällt mir hier auf,
dass mir als Frau die Hand zur Begrüssung gereicht wird und dies auch wenn
Christian gerade beim Einkaufen ist. Mit neuen Lebensmitteln und einem
aufgebesserten Bild über die Tuvinen fahren wir weiter. Beim Picknickplatz nur
leicht ausserhalb des Dorfes essen wir wieder einmal Smetana mit Marmelade, was
meine Stimmung zusätzlich verbessert.
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Das leicht hügelige Tal des Flusses Kargy |
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Es ist noch kühl und regnerisch |
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Leider nicht sehr fruchtbare Fläche |
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Auch die weissen Berge zeigen sich langsam in den Wolken |
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Der Verkehr nimmt vor Murgur-Aksy leicht zu (von 0 auf wenig) |
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Es wird kräftig gebaut am Dorfeingang von Murgur-Aksy |
Gespannt
sind wir nun ob es mit dem Weiterkommen klappt, denn unsere Strasse führt schon
bald in die Boarderzone für welche ein Permit notwendig ist. Dies haben wir
zwar wie das Altai Permit beantragt, da wir aber keine E-Mail Adresse von Tuwa
hatten an die zentrale Stelle des FSB gesendet und seit da nichts mehr gehört,
auch nicht auf unsere Nachfrage, wo wir das Permit abholen können. Leider
befindet sich der Kontrollpunkt für die Grenzzone nicht in der Ortschaft
sondern erst etwa 23 km danach, kurz bevor die Strasse wieder über den Fluss
Kargy führt. Die ersten Km führt die Strasse in leichter Steigung 300
Höhenmeter hoch um dann eine rasante Abfahrt mit schönem Blick in die Mongolei
zu bieten. Der Schlagbaum des Kontrollpunktes ist besetzt, leider denken wir.
Sogleich kommt ein freundlich grüssender Soldat auf uns zu und meint wir kommen
sicher für die Permits, wir sollen ihm doch ins etwa 200 m entfernte Gebäude
folgen. Christians erster Gedanke ist, ah sie stellen Permits on the spot aus,
aber weit gefehlt. Der Beamte, welche in einer Schublade im Büro nach Papieren
kramt, ist nicht auf der Suche nach Antragsformularen, sondern nach unseren
Permits. Denn diese liegen zu unserem
grossen Erstaunen hier fertig Ausgefüllt und unterzeichnet bereit. Die
russische Bürokratie scheint zu funktionieren und Beamte mitzudenken, denn es
war nur anhand unserer angegebenen Reiseroute ersichtlich, dass wir wohl als
erstes diesen Kontrollpunkt passieren. Ein riesiger Aufsteller für uns, wo doch
der Tag mit Schuss nicht ideal begonnen hat, denn nun können wir unseren Weg
wie vorgesehen fortsetzen ohne Angst vor Kontrollen zu haben. Auch beruhigend
ist die Aussage von einem der Soldaten, nach dem wir ihm von unserem
nächtlichen Erlebnis erzählen, dass uns dies hier in der Grenzzone nicht
passieren sollte, denn sie hätten die Leute hier im Griff und machen
regelmässig Kontrollfahrten. Interessant ist, dass keiner der Soldaten die wir
sehen Tuwine ist, denn sie sehen allesamt russisch aus.
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Bei Murgur-Aksy |
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Wachen über den Picknickplaz bei Murgur-Aksy |
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Die Sonne kommt |
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Blick in die Mongolei |
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Grassteppe noch vor der Boarderzone |
Gestärkt
durch den Stolz auf die erfolgreiche Permitbeantragung nehmen wir den nun
folgenden Pass in Angriff. Die Strasse steigt schnell an, ist aber schön
geführt mit Serpentinen wo notwendig und erträglicher und fahrbaren Steigung.
Auch der Belag ist nur an wenigen Stellen weich und rutschig. Die Aussicht ist
wunder schön auf die karge Landschaft mit dem Grün spendenden Kargy. Nach mehr
als der Hälfte der Steigung öffnet sich
das Tal leicht, und es hat einen Hof, welcher zur Zeit nicht bewohnt ist, es
aber wohl zu gewissen Zeiten im Jahr sicher ist, wahrscheinlich im Winter, denn
es hat interessante, niedrige, runde, erdbedeckte Ställe. Da Christian viel
Zeit für das Löschen von alten Fotos braucht, bin ich für einmal die erst, die
den Pass Koge-Dawa erreicht. Muss sagen würde mir auch besser gefallen Fotos
vom noch hochstrampelnden Christian zu schiessen als fast immer selbst dieses
Motiv zu sein.
Auf der
anderen Seite des Passes ist die Landschaft grüner, auf der ersten Wiese ist
eine Yakherde am Weiden, Jurten sieht man aber noch keine. Leider ist das
Wetter wieder schlechter geworden und es Nieselt leicht , die Abfahrt ist kühl
und erfordert Aufmerksamkeit, denn immer wieder hat die Strasse Stellen mit
losem Kies. Zeitweise verschwindet das Wasser im Bach des Tales und kommt erst
wieder kurz vor dem, dass der Chemtschegejlig-Chem in ihn mündet, zum
Vorschein. Am Taleingang des Chemtschegejlig-Chem finden wir einen guten Platz
für die Nacht. Da wir unsicher sind ob es Bären hat, spielt Christian mal
wieder Äffchen und hängt unser Essen auf. Die Turnerei wäre nicht notwendig
gewesen, in der Gegend gibt es keine, wie uns der Kaffeebesitzer am nächsten
Tag versichert.
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Nochmals der Fluss Kargy |
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Blick beim Auftieg auf den Koge Dawa |
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Und weils so schön ist noch einmal |
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Alpsiedlung unterhalb des Passes - zur Zeit unbewohnt |
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Die Passhöhe des Koge Dawa ist erreicht |
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Blick auf die andere Seite runter |
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Grosse Yakherde unterhalb des Passes Koge |
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In einem Seitental liegt noch Schnee |
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Unser Zeltplatz unweit der Strasse auf einer alten Trassee |
Mündung des
Chemtschegejlig-Chem – Nach dem Pass
Kaltschai
Kurz bevor
die Strasse eine 90 Grad Drehung macht und denn Bach Arzajty wieder hoch führt,
stehen Jurten und zwei Kaffees. Im ersten sind sie noch am Vorbereiten, und wir
werden gekonnt komplett ignoriert. Beim zweiten haben wir mehr Glück und
bekommen Tee und der Besitzer setzt sich für einen kleinen Schwatz zu uns und
erzählt von einem Spanier, der letztes Jahr mit einer Südkoreanerin hier
wandern war. Auch wenige Lebensmittel kann man in seinem Kaffee kaufen.
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Kurz bevor die Strasse vom Pass das andere Tal hoch führt gibt es zwei Gaststätten |
Gemächlich
steigt die Strasse an im Tal des Baches Arzajty und zu Beginn stehen viele
Jurten in Strassennähe. Im oberen Teil stehen dann wieder wunderschöne
Blumenwiesen. Die Hügel sind hier runder und die Hänge eher flach, ob die
Wiesen wohl für Heu gemäht werden? Am Strassenrand gibt es wieder wilde,
Rhabarber, Dina kann natürlich nicht widerstehen und muss eine Portion sammeln.
Hinter dem Pass Arzajty ändert die Landschaft nichts mehr ist mit saftigen
Alpwiesen, dafür sieht man in die Mongolei, und es geht auf Lehmstrasse zuerst
leicht bergab, so macht Fahrradfahren Spass. Hier gäbe es sogar auch ein
Kaffee, aber dieses hat leider geschlossen. Mühsamer wegen Strasse mit
Wellblech und losem Schotter wird es dann nach der Ortschaft Sagly, dafür
wieder grüner. Auf dem Pass Kaltschai fühlt man sich wieder wie im Jura, wären
da nicht die Obos. Da die Ebene auf der Karte nicht viel Deckung für einen
Übernachtungsplatz bietet, nutzen wir die erste Gelegenheit, und fahren nach
dem wir am ersten Bach den wir querten, Wassergefasst haben in den Wald. Wir
haben Glück und finden eine schöne Lichtung. Besonders faszinierend sind hier
die vielen verschiedenen Steinbrecherpflanzen die es hat, weniger faszinierend
die obligaten Mücken.
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Angenehm flach führt die Strasse wieder ein Tal hoch |
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Kurz unter dem Pass wird das Gras wieder höher und durchsetzt mit Blumen |
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Diese Raststätte hat leider nicht offen |
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Lehmpiste mit Rückenwind - Dinas Velowelt ist in Ordnung |
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Lange gerade Strecken |
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Wolkenspiel, aber der Regen erreicht uns nicht |
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Zwischenzeitlich ist es grüner |
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Der gerade Strich in die Ferne ist die Strasse |
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Wieder ein Blick Richtung Mongolei |
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Kleine Frau grosser Obo |
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Zum Abschluss des Tages gibt es wieder Wald |
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Der Zeltplatz ist gefunden - eine Waldlichtung |
Nach dem
Pass Kaltschai - Tschadan
Leider wird
heute die Stasse bald mühsam zum velofahren, lockerer Schotter und Wellblech,
auch die „Nebenstrassen“ sind nicht wirklich schöner zum fahren. So fühlt sich
Dina müde und braucht lange ums sich wieder fürs Radfahren begeistern zu
können. Das Baden und Waschen im Bach Schyrgaj-Ozej tut gut. Und auch die
Strasse fährt sich nun wieder besser. Kurz danach hält ein grosser weisser
Geländewagen, es ist Grenzmilitär die unsere Permits sehen wollen. Die haben
wir ja zum Glück und so gehen sie schnell zu einem kurzen Schwatz über. Die
Steigung des Passes vor dem man auf die Hauptstrasse kommt ist gnädig und oben
hat es sogar ein Picknickunterstand für einen Rast. Nun ist der Teer nicht mehr
weit und wir müssen uns definitiv entscheiden ob wir ihn bald wieder verlassen
wollen und weiter der Grenze entlang fahren oder ihn nutzen und Richtung
Tschadan fahren. Wir entscheiden uns für das zweite um auch noch was vom
Inneren von Tuwa zu sehen.
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Leider zieht sich die Strasse und ist schlechter als sie aussieht zu fahren |
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Auch die Nebenpiste mag Dina nicht wirklich |
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Grösserer Hof |
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Kamen von der nahen Jurte angaloppiert |
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Strasse ist gerade gesperrt |
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Es geht runter zu der Teerstrasse |
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Die Strasse ist hier wieder richtig schön |
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Unweit der Teerstrasse, das schöne Holzhaus ist gerade in Bau |
Chaidagajty lassen wir somit aus, da unsere Strasse
davor in die Hauptstrasse mündet. Wir scheinen aber fast die einzigen zu sein,
die aus ganz Tuva nicht dahin wollen, denn der Gegenverkehr ist stark, einige
Autos sind mit Bändern geschmückt, da müssen wir wohl ein bedeutendes Fest
verpassen. Der Anstieg zum Pass Chonbergej ist angehnem, stetig steigend, nicht
zu stark und der schöne Tannenwald gibt Schatten. Oben gibt es mehrere
Picknickplätze und einen grossen Schrein, viele Tuvinen machen wie wir auch
einen Rast und gehen diesen Besuchen. Einer von ihnen drückt uns noch eine
Telefonnummer in die Hand, er arbeitet beim Amt für besondere Angelegenheiten in
Kysyl. Das Höheverlieren auf der anderen Passseite ist fast perfekt verteilt,
die Strasse hat nur eine sanfte Neigung und führt durch grüne Alpwiesen und
Tannenwald, kein Vergleich im Vorwärtskommen zu heute Morgen, so vergehen die
Kilometer schnell.
Die
Abendstimmung ist schön und so beschliessen wir bei Chondergej weiter in
Richtung Tschadan zu fahren. Auch wenn auf unserer Karte nicht wirklich viele
Häuser eingezeichnet sind, hat es immer welche Leute, zum Zelten bräuchten wir
auch noch Wasser der Fluss welcher uns schon seit dem Pass begleitet ist aber
hier weit verzweigt und schlecht zugänglich, so fahren wir bis ganz nach
Tschadan. Nach kurzem Nachfragen finden wir im Stadtzentrum auch das örtliche
Hotel, ein nicht unschmucker Backsteinbau, welchem die gepflegten Blumenbeete
davor sogar einen Hauch von Luxus geben. Das Zimmer ist einfach, Duschen und WC
auf dem Gang aber alles sauber, zweckmässig und für Russische Hotels auch nicht
selbstverständlich auch stabil, dass man es anfassen kann, ohne das was kaputt
geht. Mit der Restaurant suche sind wir leider nicht so erfolgreich, entweder
haben sie geschlossene Gesellschaft oder geschlossen. Ein einfaches Menü
bekommen wir dann in der elegant eingerichteten Bar im Keller des Hotels.
Tschadan ist bei Tag eine friedlich, einigermassen gepflegt dreinschauende
Stadt mit schönen alten Holzhäusern, durchaus als sehenswert zu bezeichnen. Von
der Nacht (auf Samstag) kennen wir nur die Geräusche: Schüsse, brüllende
Motoren, bellende Hunde und Polizeisirenen.
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Noch nicht lange rollt es so gut |
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Passhöhe ist schnell erreicht |
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Würden eine Abwechslung geben zu unseren langweiligen Ortschilder |
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Schönes Abendlicht |
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Wolkenverzierte Berge hinter dem Flusstal entlang wessen wir fahren |
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Es hat schöne Häuser in Chaidagajty |
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Es hat schöne Häuser in Chaidagajty II |
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