In der Früh muss ich nochmals an der Kurbel schrauben. Gestern hatte ich immer mal wieder den Eindruck gehabt, dass der Tritt mit links nicht ganz rund ist, aber erst am Abend gemerkt, dass die Kurbel lose geworden ist. Nach einer provisorischen Reparatur am Abend wird in der Früh mit ordentlichem Hebel angezogen, damit sich die Kurbel wirklich nicht mehr lösen kann. Die Wohnung wird in der Früh rasch verlassen und im Strassencafe gefrühstückt, dort bekomme ich sogar Milch geschenkt und verdrücke wieder ein paar Blintschiki. Um 8:30 befinde ich mich schon wieder auf der Piste und habe wieder Angst vor weiterem Regen. Der Himmel ist noch undurchsichtig und es ist empfindlich kühl, wohl unter 5 Grad, so dass ich auch Handschuhe anziehen muss. Die Schuhe sind leider noch triefnass von gestern und so wechsle ich immer wieder die Socken durch und versuche verschiedene Konfigurationen, in welchen ich halbwegs warm bekommen möchte. Am besten geht es noch mit Windstoppersocken und anderen Socken darunter. Bis Mittag bleibt es so bedeckt und ich werde nicht richtig warm. Dafür ist die Landschaft wieder interessant, insofern als sie immer karger wird. Es geht in die Höhe. Als mir vorgestern nach einem Berg jemand etwas von einem ewig langem Berg erzählt hatte, irgendwie 30 km, wollte ich das gar nicht glauben, da ich meinte nach Nerjungri würde es dann bald ins Flachland gehen. Aber dieser Tit genannte Pass, welcher bis 1300 m rauf geht, wartete heute auf mich. Noch bevor ich oben bin stoppt mich ein LKW-Fahrer und erzählt mir etwas von Bären, die es hier gäbe und dass in ein paar Kilometern eine Stelle wäre, welche bekannt für häufige Begegnungen mit ihnen wäre. Er will mich ein paar Kilometer mitnehmen, und mich so an der Stelle vorbeibringen. Ich lehne wieder dankend ab, zumal ich noch nicht auf dem Pass bin, den ich gerne selbst erklimmen will. Die Strasse ist nicht zu steil und so dauert es nicht lange bis ich am Hochpunkt der Strecke zwischen Tynda und Jakutsk bin. Auf der Abfahrt steht am Strassenrand wieder der LKW, er hat wohl auf mich gewartet. Er zeigt mir nun ein Video von einer Bärenbegegnung, die er vor kurzer Zeit hier hatte. Ein Bär schaut interessiert vom Strassenrand zum LKW, plötzlich macht sich der Bär auf und schnellt auf den LKW zu, richtet sich auf und klopft an die Türe. Der LKW-Fahrer ist überrascht und drückt auf die Hupe, daraufhin verschwindet der Bär. Das Video macht Eindruck, zudem will ich den Fahrer nicht noch weiter warten lassen und erkläre mich einverstanden, dass er mich die 5 km an der Bärenstelle vorbeinimmt. Die 5 km werden dann doch länger, weil die Entfernungsangaben hier nicht so exakt sind und nachdem wir schon einmal eingeladen haben, kann ich nun ja nicht vor der Bärenbegegnungsstelle wieder ausladen und weiterfahren. Ein positiver Nebeneffekt ist, dass ich nach 15 km Fahrt von der Heizung in der Fahrerkabine wieder warm geworden bin.
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Es ist noch nicht klar, was das Wetter heute will |
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ich fröstle aufgrund von Temperatur und feuchter Schuhe noch vor mich hin |
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Kurz vor dem Pass "Tit" |
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Es ist der höchste Pass hier, mit knapp 1500 m |
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Um mich besorgter LKW-Fahrer, der mich ein paar km mitnahm um mich vor den Bären zu retten |
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Ab dem Pass wird das Wetter besser |
Mit dem Pass hat sich auch das Wetter geändert, es hat nun blauen Himmel, allerdings zeigen sich deutliche Zirren, die mir schon wieder Sorgenfalten ins Gesicht treiben. Ich bin immer genau an der Grenze vom blauen Himmel zu den Zirren. Nach landläufiger Theorie müsste dann doch wieder eine Front durchkommen. Die Luft ist klar und die Berge weiter wunderschön. Der LKW-Fahrer hatte mir noch erzählt, dass bald ein paar Überreste von einem Gulag zu sehen sein werden. Die paar Überreste sind zwar nicht sehr gross, menschliche Bauten fallen hier in der endlosen Weite der grünen Wälder dennoch immer ziemlich auf. Damals gab es wohl noch keine Strasse und die Leute waren am Ende der Welt, hier dürfte es im Winter besonders ungemütlich sein. Immer wieder ist jetzt die Bahnlinie zu sehen und manchmal wird sie gequert. Ein Schiff hat die Querung leider nicht geschafft. Ein LKW war mit dieser Fracht beladen auf dem Weg nach Norden und bei einer Brücke hat er wohl nicht drunter gepasst. Daher hat er es rechts neben der Strasse versucht, da dort mehr lichte Höhe unter der Brücke war. Allerdings ohne Unterbau haben die Räder nicht genügend Halt gehabt und der LKW blieb stecken. Einige Taue zeugen von vergeblichen Versuchen den LKW samt Boot herauszubekommen. Kurze Zeit nach dem Boot treffe ich ein paar Männer mit Mückennetz an der Strasse, es sind Vermesser aus Krasnojarsk, welche hier für den Bau einer Gasleitung arbeiten. Asphalt und Kies wechseln nun als Strassenbelag und ich komme gut vorwärts. Am letzen Pass vor Aldan erlebe ich einen intensiven Sonnenuntergang, dann geht es auf die lange kühle Abfahrt. Vor Aldan befinden sich noch zwei kleine Ortschaften, dennoch beschliesse ich bis Aldan zu fahren, wo ich mit einbrechender Dunkelheit erst einmal im Strassencafe einkehre. Dort treffe ich gleich einen Fahrer aus Magadan, der in 4 Tagen nach Chabarowsk will. Er scheint die Strecke nicht regelmässig zu fahren, da er wissen will ab wann er durchgehend Asphalt bis Tynda hat. Auch kennt er die Alte Sommerstrasse nicht, als ich ihn nach der Strecke nach Magadan ausfrage. Er schüttelt natürlich den Kopf als er erfährt, dass ich nach Magadan will und will meine Bewaffnung wissen. Ich entgegne darauf wie meist, dass ich eine Glocke habe und zur Not Pfefferspray. Daraufhin schlägt er seinen Mantel hoch und zieht unter der Achsel seine Pistole hervor. So etwas brauche man, wenn man hier auf den Strassen unterwegs ist. Bevor das Essen kommt, studiere ich noch eine schöne Wandkarte im Cafe, welche auch viele Winterwege der ganzen Region bis Chukotka zeigt. Nach dem Essen will ich in ein Hotel, lande aber erst einmal bei einem recht teuren Etablissement. Anscheinend mache ich schon so einen heruntergekommenen Eindruck, dass die Dame an der Rezeption gleich sagt, dass sie ein teures Hotel seien und das billige Hotel noch ein paar hundert Meter weiter ist. So komme ich in das günstige 500 Rubel-Hotel, wo ich mir ein Zimmer mit einem zweiten Mann teile, welcher schon aus dem Schlaf geklopft werden muss. Nach dem Duschen schlafe ich um 23 Uhr endlich ein.
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Die M56 ist zwar sehr fahrzeugverschleissend, aber das ist ein Extremfall |
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Baustellenverkehr |
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Hier wird die Weite Sibiriens spürbar |
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Dem Himmel sei Dank |
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Reste eines Gulags |
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Karge Landschaft, im Sommer noch aushaltbar, bis auf die Mücken |
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der Winter dürfte hier härter sein |
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Mein Rad hat keinen Ständer |
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Zwar unter der Brücke durchgekommen, aber wegen Schlamm stecken geblieben |
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Vermesser aus Krasnojarsk arbeiten für eine Gasleitung |
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noch knapp 600 km bis Jakutsk |
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Sicht von einer Brücke |
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sowjetische Hinterlassenschaften in Bolschoj Newer |
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Kinder in Bolschoj Newer |
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Heute rollt es sich super |
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Auch die Hügel geben Auftrieb |
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Es wird eifrig gearbeitet |
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auch hier kommt wohl bald Asphalt |
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Alte Strasse |
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Neue Strasse |
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Schwertransport |
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Abendlicht |
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Kurz vor dem Pass vor Aldan |
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Ich muss schauen, dass ich vor dem Dunkeln ankomme |
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Karte im Strassencafé, in dem ich Abend esse |
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