Frühmorgens geht es aus Ytyk Kul raus, ich versuche eine Abkürzung zur Hauptstrasse zu nehmen, welche hier im Ortsbereich sogar geteert ist. Ganz gelingt das nicht und so schiebe ich kurz querfeldein. Arkadi hatte Recht gehabt, es kommen keine Orte mehr, die ich eigentlich laut Karte erwartet hatte. Nur einmal sehe ich einen Ort etwas abseits der Strasse, welche daraufhin gleich einen Knick macht und nach Westen führt. Bisher war ich eher nach Norden gefahren und konnte von Rückenwind profitieren. Nach dem Knick verschwindet auch das Weideland und ich fahre durch viel Wald. Der Verkehr hat seit Ytyk Kul auch deutlich nachgelassen. Am Knick geradeaus würde es in die Region mit der Bärengeschichte gehen. Das Problem, welches ich heute habe ist, dass nach den 130 km auf der Piste, eine Fähre kommen soll, von der ich keine Ahnung habe, wann sie fährt. Die Strategie, möglichst schnell zu radeln um möglichst viel Zeit überdeckt zu bekommen ist zwar nicht sinnvoll, dennoch trödle ich mal lieber nicht. Von den jakutischen Radfahrern hatte ich die Information, dass es zwei Mal am Tag, jeweils um 9 Uhr eine Fähre hätte, während Walter und Adrian meinten, sie würde zwei Mal und zwar jeweils um 7.30 fahren. Ganz anders tönte Arkadi, der meinte, dass die Fähre nur fährt, wenn sie voll ist. Das würde also wie in Jaktusk Warten bedeuten, nur dass hier deutlich weniger Verkehr unterwegs ist. Aber typischer Weise kommt der immer konzentriert, d.h. 5-6 Autos aufs Mal, auch wenn sie teils aus entgegengesetzter Richtung kommen und dann wieder eine Stunde niemand. Vor dem grossen Abzweig unterhalte ich mich kurz mit einem Autofahrer, der mir prophezeit, dass die Strecke sandiger werden würde. Da wir uns in der Nähe der Bärengeschichte befinden, frage ich das auch noch nach. Statt einem Jäger erzählt er mir aber, dass es eine Bärensammlerin erwischt hätte. Solche sehe ich heute auch noch kurz vor Mende-Aldan, zudem ist in der Mitte vom einsamen Waldstück ein Bauarbeitertrupp am Arbeiten. Gleich bei ihnen liegen mehrere Gewehre parat, die für Bären gedacht sind. Sie wundern sich, dass ich ohne Gewehr fahre. Da ich merke, dass ich mit etwas Einsatz bis um 16.00 an der Fähre sein kann, wird nochmal ordentlich in die Pedale getreten, damit habe ich heute die 130 km in 8 Stunden geschafft, damit kann man zufrieden sein.
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Morgen in Ytyk Kul |
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Noch hat es Weiden |
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Bald sind diese verschwunden und tauchen erst wieder im Magadansky Oblast auf |
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Jakutien ist für seine Pferde bekannt |
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Für den Winter werden Stallungen gebaut, diese ist wohl out of order |
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Vor der Abbiegung zum Aldan |
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Nun geht es lange durch Wald |
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bewaffnete Strassenarbeiter |
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Geschafft, an der Fähre, dieses ist übrigens die 21 Uhr-Fähre |
Als ich an der Fähre angelange sind schon 2 LKW drauf und kurze Zeit später kommen noch zwei Uaziks, von denen einer nach Omjakon fährt. Von diesem erfahre ich, dass die Furt bei Kyubeme wohl momentan keine Probleme bereitet. Da es wohl noch etwas dauert, bis die Fähre voll ist, wasche ich meine Sachen im Aldan, der hier ziemlich mächtig geworden ist. Mir gefällt er fasst besser, als die Lena. Nach einer Schwimmeinlage wasche ich mich noch selber, man weiss ja nie, wann das nächste Mal Gelegenheit ist. Die Fähre wird von Armeniern betrieben, ein paar coole Typen. Einer von ihnen springt kurz darauf von der Fähre noch ins Wasser, ein anderer lässt sich mit einer Rettungsweste zur Kühlung im Aldan treiben. Um 17:45 sind dann genügend Fahrzeuge auf der Fähre und wir können los fahren. Die anderen Fähren soll es dennoch geben, d.h. hier operieren zwei Fährgesellschaften, eine bei Bedarf, die andere zu fixen Zeiten. Nachdem die Armenier erfahren, dass ich armer Tropf für meine Reise noch nicht einmal bezahlt werde, darf ich umsonst (besplatny) mitfahren. Ich hoffe ich mache nicht so einen erbärmlichen Eindruck. Die Armenier sind gleichzeitig noch Truckfahrer, ihre Kiestrucks sind auch auf der Fähre. Diese kommt leider sehr langsam voran. Am anderen Flussufer liegen zwei Tanker und als ich mal wieder wieder aufschaue sind sie immer noch fast am selben Ort, zu Fuss wäre ich am Ufer wohl schneller. Die Strömung ist wohl zu stark für die Fähre, die hier ein paar Kilometer flussaufwärts fahren muss. Ich befürchte schon, dass die Fähre umkehren muss, weil sie es nicht schafft. Die andere Befürchtung bewahrheitet sich, nämlich, dass die andere Fähre uns noch überholt. Kurz bevor wir anlegen, legt sie auch an und es fahren 3 Motorradfahrer von ihr herunter. Das müssen die Norweger sein, die wohl länger auf das eine Packet in Jakutsk gewartet haben und heute von dorther kommen. Da unsere Fähre etwas weiter flussaufwärts anlegt, kann ich mit einem Querfeldeinsprint noch die Strasse vor den Norwegern erreichen und ihnen zuwinken. Sie fahren allerdings kommentarlos weiter, eventuell wollen sie nur noch schnell nach Khandagy ins Hotel. Nachdem es schon 20:30 ist und mein GPS einen Abstand von Khandagy von 30 km angibt, sehe ich ein, dass es wohl zu spät wird, um noch offene Läden oder Cafés dort anzutreffen, zumal ich wohl in die Dunkelheit kommen würde. Daher will ich mir hier am Fähranlegeort eine Unterkunft suchen. Hier hat es einen nicht ganz kleinen Ort. Ich fahre in eine Seitengasse und frage dann eine Frau, ob ich bei ihnen im Garten mein Zelt aufschlagen könnte. Für sie ist es ok und ich bekomme sogar noch Trinkwasser und warmes Wasser um mir einen Tee zu machen. Aus dem Haus heraus werde ich von der Frau und den Kindern beobachtet, so ganz geheuer scheine ich wohl nicht zu sein. Ihr Mann kommt später betrunken nach Hause, er heisst Waleska. Er versucht mich zu überreden nach drinnen zu kommen. Ich möchte aber eigentlich nicht noch mehr eingeladen werden, nachdem ich schon dankbar um den Zeltplatz bin. Waleska ist kein böser Mensch, aber wenn man ihn sieht erschrickt man erst einmal ein bisschen. Er ist ziemlich verkrüppelt und hat keine Finger mehr, sowie einen Fuss nur halbwegs. Meine Vermutung ist, dass er sich einmal schwere Erfrierungen zugezogen hat und seither mit diesen Behinderungen leben muss. Um ihn nicht zu verärgern, willige ich schliesslich dennoch ein, ins Haus zu kommen. Dort gibt es nochmal Tee und auch Fisch. Er zeigt mir, wie man diesen getrockneten Fisch richtig isst. Bei Bahnfahrten in Russland konnte ich schon die Vorliebe für dieses Nahrungsmittel beobachten. Die Unterhaltung ist etwas mühsam, da er alkoholbedingt nicht immer eine deutliche Aussprache hat. Schliesslich kann ich wieder zurück ins Zelt, nachdem ich Waleska versichert habe, dass das gut für mich ist, und ich nicht im Haus übernachten muss. Am heutigen Tag bin ich wirklich gut vorwärts gekommen, etwas hat mich die langsame Fähre geärgert.
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Armenische Betreiber der Fähre |
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Eine weitere Fähre |
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Warten auf die Abfahrt |
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Wir fahren |
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Abendstimmung am Aldan |
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