Die Nacht hätte also besser verlaufen können, dafür werde ich von den Bahnarbeitern noch auf einen Tee eingeladen. Meine LKW-Fahrer sind immer noch da, sie meinten mitten in der Nacht wäre mal ein LKW vorbeigekommen, aber da er nicht direkt über den Bahnhof fährt hätten sie ihn nicht erwischt. Für die weitere Strecke empfehlen sie mir mich weiter an die Bahntrasse zu halten auch wenn auf der anderen Strecke wohl die Brücken meist intakt sind. Der Fluss ist weiter eindrucksvoll, aber die Piste wird übel. Als ich einmal wieder auf der Baupiste bin, treffe ich auf einen sehr
frischen Bärenabdruck im Schlamm, da ist es mir fast lieber auf dem Damm
zu fahren.
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Überreste von Djugabul |
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Überreste einer Brücke, zum Rad drüber schieben reicht es |
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wieder neblige Morgenstimmung |
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Warnung vom Herren der Taiga - ziemlich frischer Abdruck auf der Piste |
Hinter der Station Unur gibt es viel groben Eisenbahnschotter. Die Strecke ist wohl vor kurzem frisch geschottert worden, d.h. sowohl Geleise als auch die Bahnpiste. Als ich einen Eisenbahner frage, wie lang das wohl so weiter geht, bekomme ich die niederschmetternde Antwort, dass das 20-30 km so weiter geht. Ich bin entsetzt, das Zeug ist so schlecht zu fahren, dass ich im obersten Gang bin und langsamer als Schritttempo vor mich hinschwanke. In meiner Verzweiflung weiche ich auf die Schienen aus, das Schieben genau auf den Schienen ist allerdings ein zu grosser Balanceakt, daher versuche ich es über die Schwellen, das geht ein paar hundert Meter gut, weil die Schwellen rausschauen, dann sind aber auch diese zugeschottert und so muss ich wohl oder übel schieben. Zur Abwechslung nehme ich noch ein Bad im Fluss, es ist leider nicht so einfach da runter zu kommen, da das Ufer noch sehr durchfeuchtet ist vom Hochwasser, wahrscheinlich drückt jetzt der gestiegene Grundwasserspiegel zurück. Ob der Hitze tut das Bad sehr gut und Wäsche wird auch noch gleich gemacht. Während ich im Fluss bade höre ich Motorradgeräusche, das muss wohl ein Tourist sein, der die alte Trasse nimmt und nicht den Bahntrassenweg. Als ich mich aufmache sehe ich auf der Piste vor mir neben ein paar Bahnarbeitern stehen einen Mann stehen und diskutieren. Da er sehr weit entfernt ist glaube ich gerade so einen Motorradfahrer zu erkennen. Auf die Ferne sieht es so aus, als ob er in meine Richtung unterwegs wäre, aber nein, also versuche ich den Bahnarbeitern Zeichen zu geben, dass sie den Motorradfahrer auf mich aufmerksam machen. Leider schnallen sie es nicht und so fährt der Tourist, ein Spanier, wie mir die Arbeiter nachher berichten, 50 m vor mir weiter. Doch ich habe Glück und am nächsten kleinen Bach bleibt er zum Wasser nehmen stehen. Mein Spanisch ist ob des ganzen Russisch etwas eingerostet und so unterhalten wir uns auf Englisch. Er meint er sei hier der erste der mit so einer Maschine die BAM bewältigt habe und das in einer Rekordzeit von 2 Tagen seit Severobaikalsk. Ich muss ihn allerdings unterbrechen und fragen was denn das besondere an seiner Maschine wäre. Anscheinend ist es die Grösse, seine KTM hat 2 Zylinder und jede Menge Hubraum, üblich sind hier wohl kleinere wendigere Maschinen. Im Nachhinein erfahre ich noch im Internet, dass er einen neuen Rekord an der Witim-Brücke aufgestellt hat, das ist die Geländerlose grösste Brücke der BAM, welche aus aneinandergelegten Eisenbahnschwellen besteht. Er ist schon 2 Monate unterwegs über Tadschikistan, den Altai und die Mongolei. In 4 Tagen will er in Magadan sein, das ist ein ordentliches Tempo, zumal er in Tynda nochmal seinen Panier reparieren lassen will. Aber er ist langsam müde und abgekämpft, ihm fehlen schon 6 kg. In der Mongolei wurde er nachts bestohlen, am meisten geht ihm nun hier sein Mückennetz ab, er will wissen, wie ich die Mücken hier als Radler aushalte. In Ulan-Bator musste er lange auf sein 2. russisches Visum warten, da er nur ein 30 d Visum hatte, musste er ein Neues beantragen. Zudem berichtet er, dass Colebatch wohl auch bald mit 7 Bikern durchgerauscht kommt, einen von der Truppe hätte er am Abzweig nach Olchon getroffen, welches er ausgelassen hatte. Nach einem längeren Ratsch verabschieden wir uns. Es war eh Zufall, dass wir uns hier getroffen hatten, er war auf der alten Piste unterwegs, aber die hat sich in den Talflanken im Dickicht verloren, so dass er wieder auf die Bahnpiste musste.
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Pfützen auf der Piste |
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Der Fluss bleibt mir erhalten |
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Eine Frage der Zeit bis der Pfeiler endgültig fällt |
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Immer wieder muss ich über Eisenbahnbrücken queren |
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Guter Eisenbahnunterbau |
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Streckenerneuerer am Werk |
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Der grobe Kies ist unfahrbar, ich versuche es über die Schwellen |
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Kleiner Baske (Iker) auf grosser Maschine |
Der Schotter hat sich leider immer noch nicht geändert, doch kurze Zeit später winken mich bei einem sonst abgesperrten Bahnhäusschen 2 Bahnarbeiter zum Tee. Neben den offenen Bahnhütten gibt es auch geschlossene Häuser, in denen Instrumente zur Streckenüberwachung angebracht sind. Neben Tee gibt es auch noch leckere Teigtaschen, das ist das Mittagessen, das noch übrig ist. Leider wird mir bestätigt, dass es immer noch 20 km Schotter sind, da kommt ein Kipp-LKW vorbei und mir wird angeboten über die Schotterstrecke hinweg gebracht zu werden. Da kann ich eigentlich nicht ablehnen, und so warten sie bis ich fertig gegessen habe und wir verladen das Rad samt Gepäck. So tuckern wir langsam nach Chilchi, dabei sehe ich, dass es doch nicht 20 km so schlimm gewesen wäre, ein paar Abschnitte hat es noch die alte Unterlage. In Chilchi kann ich noch einkaufen (man muss hier die Läden erst einmal finden, die verstecken sich in einem grossen Hochhaus), zudem flicke ich noch schnell eine heruntergefallene Fahrradkette eines kleinen Mädchens. Nun geht es meist an der Bahn entlang weiter, die alte Piste soll recht viele Steigungen haben. Leider verspekuliere ich mich bei der letzten Steigung und nehme die Bahnpiste, die folgt jedoch einer grossen Flussschleife, welche dazu führt, dass ich teils in entgegen meiner übergeordneten Fahrtrichtung fahre. Mein Zielpunkt für heute ist Lopcha, wo ich aber erst mit der Dämmerung eintreffe, leider hat der Laden hier schon zu. Dafür nimmt mich Igor ein freundlicher Einwohner mit, ich soll hinter seinem Jeep zu seiner Datscha fahren. Die Datscha ist zwar nur ein paar hundert Meter Luftlinie entfernt, wir fahren aber erst mal den Berg runter und wieder rauf, es scheint keinen direkten Weg zu geben. An der Datscha angekommen, will mir Igor erst einmal ein Zimmer geben, ich bevorzuge aber das Zelt (die Datscha ist noch etwas unaufgeräumt von einem Geburtstagsfest). Der Garten ist beeindruckend, es stehen lauter Gewächshäuser herum, die mit grossen Pflanzen bewachsen sind, man kommt sich vor wie im Botanischen Garten. Ausserdem hat Igor noch einige Tiere, neben Kaninchen und Hennen auch Schweine und eine leicht aggressiven Hund. Während ich mein Zelt aufstelle und dann etwas esse ist Igor wieder unterwegs kommt dann aber mit Frau und Lilia sowie Walodja wieder, die vier waren heute beim Angeln. Für Igors Frau war es das letze Mal, die Mücken waren heute einfach zu böse. Dafür war das Fischen ertragreich und in der Datscha wird noch gross aufgekocht, Fisch und Salat werden bereitet und auch Fleisch hat es noch von einem früheren Essen. Ich esse tapfer mit, muss aber schlussendlich weitere Angebote ablehnen, am nächsten Tag gibt es dafür noch ein paar frische Gurken aus dem Garten. Walodja ist übrigens in Tajikistan geboren, sein Vater hatte am Staudamm Nurek mitgearbeitet und sie lebten in Dangara, dort war ich ja mal vor 3 Jahren durchgefahren. Igor und seine Frau haben sich beim Bau der BAM kennengelernt. Es wird heute etwas spät mit ins Bett gehen, aber im Mückensicheren Zelt schlafe ich gut. Igor zeigt mir extra noch einen Weg, wie ich ausser Reichweite des Hundes zur Toilette komme.
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Meine MFG über den groben Schotter |
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Der Fluss ist kleiner geworden |
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es wird flacher |
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Bäche sorgen für Abwechslung |
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kein See, der Fluss |
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Altehrwürdige Brücke |
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Ziemliche Fahne hat der Zug |
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Abend kurz vor Loptscha |
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