Heute geht es früh los, immerhin weiss ich schon, wo ich am Abend unterkomme. Mein Rad wurde ausserhalb in einer Garage gelagert, dorthin bringt mich Andrej erst einmal und füllt mir noch ein bisschen Benzin für den Kocher nach. Ausserdem bekomme ich von Aigul noch eine grosse Portion Plov mit. Wind und Wetter sind heute perfekt und so komme ich gut voran. Einzig ein nasses Stück Strasse stört. Irgendwann überhole ich aber den Übeltäter. Es ist mal wieder ein LKW unterwegs, der die Strasse wässert. Unterwegs hält mal wieder ein Auto an, es sind Leute aus Wladiwostok, die nach Magadan fahren. Sie verschiffen dann wohl auch. Sie erzählen mir, dass sie vor 500 km Motorradfahrer getroffen haben, meine Polen müssten schon weiter sein. Sie bieten mir Wasser und Essen an, aber ich bin gut versorgt. Für die Tenkinskaya-Trasse machen sie mir keine Hoffnung, dass die offen sein soll, das muss ich noch verifizieren.
Als ich auf einer Brücke Mittag mache kommen die nächsten Touristen. Es sind zwei tschechische Jeeps, d.h. mit tschechischem Nummernschild, die Insassen sind jedoch allesamt Engländer. Sie kommen gerade aus Magadan zurück, nachdem sie schon die Strecke hingefahren waren, auf der Hinfahrt konnten sie die Old Summer Road nehmen, wenngleich sie auch an einer Flussquerung einen Tag warten mussten, weil die Trasse weggerutscht war. Zurück wären sie gerne die Tenkinskaya gefahren, wurden von der Polizei aber weggeschickt. Wahrscheinlich war das gerade zur Zeit der Sperrung wegen Streckenunterbruchs durch Überflutung. Die norwegischen Motorradfahrer sind wohl am Freitag in Magadan eingetroffen. Nachdem sie mir erzählen, dass sie über die Mongolei gefahren sind und auch Iker von der Oase her kannten, dachte ich mir schon, dass sie auch Adrian kennen. Seine SPOT-Action war ihnen auch schon bekannt. Und als ich meinte, dass er gut in Jakutsk eingetroffen ist und nun den Viluisky Trakt fahren will, hatten sie schon seine nächste Story auf Lager, sein Hinterrad ist wohl hinüber, so dass er sich irgendwie aus der Region heraustransportieren lassen muss. Blöd dass es ihm nicht schon in Jakutsk passiert ist, da hätte er von Kudu noch ein Rad bekommen. Ich wundere mich etwas, dass sie die Strecke wieder zurückfahren und nicht verschiffen. Sie wollen nach Australien und hätten daher über Wladiwostok verschiffen müssen, die 3000 $ pro Auto waren ihnen jedoch zu teuer, von Wladiwostok nach Australien wären es 1200 $. Zudem ist momentan das grosse APEC-Gipfeltreffen in Wladiwostok, so dass dort momentan nichts läuft, d.h. die ganzen Verschieber sind in den Ferien und schlecht ans Telefon zu bekommen. Dabei hatte Adrian ja schon vor dem APEC-Zirkus 2 Wochen in Wladiwostok gewartet. Zu Magadan bekomme ich bezüglich Unterkunft leider keine Tipps, sie sind auch in einer von Olga organisierten Wohnung untergekommen. Dafür gibt es noch Infos zu Bären und Verwunderung, dass ich hier so alleine durch die Gegend fahre. In Magadan sind die Bären wohl gerade eine ziemliche Plage. Wegen der Waldbrände seien sie bis in die Stadt gekommen, so dass man sieben von ihnen erschossen hat, ich hoffe dass ausreichend Verkehr in der Nähe von Magadan ein bisschen schützt. Nach den obligatorischen Schnappschüssen geht es weiter.
Nur kurze Zeit später stehen 2 Gestalten mit grossen Rucksäcken am Wegesrand. Ich denke zuerst an Goldsucher, als ich näher komme, sehen sie eher nach Touristen aus, wohl Autostopper? Weit gefehlt, es sind zwei Bergsteiger aus Komsomolsk-na-Amure. Sie haben hier in der Gegen 40 Tage verbracht, bzw. nicht hier genau, sondern weiter nördlich. Sie waren am Pik Pobeda, das ist der höchste Berg hier in der Gegend, so ca. 3400 m hoch. Die 40 Tage haben sie ohne fremde Versorgung überstanden und mussten das ganze Essen dazu mitschleppen, Respekt. Nun wollen sie zurück nach Hause und meinen, dass es wohl 7 Tage dauert. Erst per Autostop oder Taxi nach Ust-Nera, dann per Taxi weiter nach Jakutsk, letzteres soll stolze 7000 Rubel kosten, fast 200 Euro (pro Person wohlgemerkt). Sie hatten in der Taiga wenig Regen und am 1. August den ersten Schnee. Sie zeigen mir Photos von unterwegs. Sie waren zu viert unterwegs, die anderen beiden sollen ein wenig weiter an der Strasse stehen.
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Strasse aus Ust-Nera heraus |
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Freundliches Wetter |
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Der Fluss hatte erst kürzlich ziemlich gewütet |
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Hier rollt es sich gut |
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Hier war gerade der Wässerwagen unterwegs gewesen |
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zahmere Nera |
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wäre auch schön mit dem Boot zu befahren |
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Brücke über |
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einen Nebenbach |
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friedliche Gegend |
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nächster Nebenbach |
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Kurve vor der Neraüberquerung |
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Am Fluss Nera |
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Reiserad auf grosser Brücke |
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jetzt geht es oft nah am Fluss entlang |
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das ist eine der Bilderbuchstrecken auf dem Kolyma-HWY |
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Brücke zu einer Goldmine |
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Immer noch ein mächtiger Fluss, die Nera |
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Goldgräberlandschaft I |
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Goldgräberlandschaft II |
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tschechische Engländer auf dem Weg nach Australien |
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Nebenflüsschen |
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Ufer wurden erst kürzlich wieder hergestellt |
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Herbstlandschaft in Sonne |
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einfach herrlich |
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zwei Helden der Tundra aus Komsomolsk na Amure |
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Noch zwei Helden, das sind die alten Hasen |
In der Tat treffe ich nach der Brücke auf zwei weitere Gestalten. Diese sehen allerdings deutlich mitgenommener aus, obwohl sie die Erfahrenen sein sollen, die die anderen Beiden eingeführt haben. Die Rucksäcke haben 50 kg beim losgehen gewogen, nun sollen es noch 35 kg sein. Daraus muss man wohl schliessen, dass sie selber auch ordentlich abgenommen haben. Die Erfahrung hatten wir auch schon im Pamir gemacht, als wir auf Russen trafen, die Wochenlang Eisdurchquerungen gemacht hatten, die sahen aus wie Gespenster. Dafür sind die beiden Erfahrenen dann auch tatsächlich auf dem Pik Pobeda gewesen. Ich erkundige mich über die Route und erfahre, dass wohl die ersten 170 km auch mit dem Rad fahrbar wären. Es scheint eine einfache Piste bis zu einer Goldmine zu geben. Die Landschaft ist hauptsächlich Tundra und wenig Wald. Bären haben sie keine gesehen. Nachdem ich ihnen von meiner Route erzähle, meinen sie, dass sie auch schon im Kodargebirge waren, welches auch wunderschön zum Durchqueren ist. Ich biete ihnen noch Essen an (Plov), aber sie beherrschen sich und nehmen es leider nicht an, nur ein paar Schlücke Wasser sind akzeptabel, sie haben noch genau ein Essen. Ich hoffe, dass sie bald mitgenommen werden und gebe das auch einigen Autofahrern auf den Weg mit, dass sie die Leute mitnehmen sollen.
Die Piste geht nun weiter der Nera entlang und zwar ausnehmend schön. Sie kommt dem Fluss immer näher, bis sie direkt an der Uferböschung verläuft. Man sieht, dass die Nera vor kurzem sehr viel höher stand (Baumstämme und Geschwemmsel), bei Andrej hatte ich Photos von Baggern in Aktion gesehen, da die Federalnaja Trassa kurzzeitig sogar unterbrochen war, d.h. stellenweise weggeschwemmt. Selbst die kleinen Nebenbäche, welche jetzt gar kein Wasser mehr haben, brachten bedeutende Mengen an Kies, welche die Strasse blockierten oder Brücken zusetzten. Mittlerweile ist aber wieder alles hergerichtet, die Strassenarbeiter konnten schnell reagieren. Das liegt wohl auch daran, dass sie hier gerade sowieso am Bauen waren. Auf einer Brücke treffe ich noch zwei Kontrollingenieure, die ich gleich wegen der Tenkinskaya frage. Sie sind aber nicht aus der Gegend sondern kontrollieren nur gerade den Strassenabschnitt und verweisen mich auf ein Bauarbeiterlager, wo ich einen Nikolai fragen soll, der sich hier super auskenne.
Ein paar hundert Meter weiter ist dann das Lager. Im Prinzip ist es ein bisschen so aufgebaut, wie jenes in dem ich übernachtet hatte als ich in die Berge kam, nur sind weniger Leute da. Bei einer Gruppe wichtiger Personen finde ich Nikolai und der meint, dass die Tenkinskaya wieder offen sei und keine Probleme bereiten sollte, zumal er morgen selbst dort lang fahren wird. Im Anschluss werde ich noch auf einen Tee eingeladen, was dann wieder Essen bedeutet. Es gibt Gretschka und Hünchen. In der Küche unterhalte ich mich noch mit einem Usbeken, der auch das Bartang kennt.
Nach Artik ist es nun nicht mehr weit und da ich dort ja erwartet werde, fahre ich noch zum Krankenhaus. Eigentlich hätte ich noch weiterfahren können, da es erst 19.00 ist und das Wetter weiterhin gut. Artik selbst sieht recht verlassen aus, es war früher wohl ein grösserer Ort, heute leben nur noch 500 Einwohner dort. Das Krankenhaus selbst ist recht klein und noch aus Sowjetzeiten, auch die Einrichtung sieht etwas antik aus. Zwei Damen haben Dienst und erwarten mich schon, die eine ist aus Barnaul und freut sich, dass ich den Ort kenne und den Altai. Die andere Dame ist aus Moldawien und auch in Sowjetzeiten hier gelandet. Letztes Jahr war sie nach langer Zeit mal wieder auf Heimatbesuch, aber die Dinge in Moldawien scheinen sich nicht positiv zu entwickeln. Im Bad des Krankenhauses kann ich mich noch waschen, das Wasser muss ich aber mit einem Wasserkocher warm machen. Anschliessend darf ich schon wieder etwas essen. Im Krankenhaus ist sonst kein Betrieb, ein Junge aus dem Dorf ist da, weil er sich eine Krankheit eingefangen hat und nun etwas isoliert sein soll. Dennoch gibt es eine Rund-um die Uhr-Besetzung im Krankenhaus. Sogar einen Wetterbericht haben die Damen im Krankenhaus, leider sagt er weiter Starkregen für morgen voraus.
Ein bisschen bekomme ich noch von den Problemen hier im Norden mit. Im Winter ist es hier ja so kalt, wie sonst nirgends (ausser Omjakon). Die Heizung wird zentral mit Kohle gewährleistet, sowohl in Ust-Nera, als auch in Artik. Die Kohlemine liegt zwischen den beiden Orten. In einem der letzten Winter ist in Artik diese Zentralheizung defekt geworden. Das hat dann gleich zu einer Evakuierung geführt, die Kinder und Frauen wurden nach Ust-Nera gebracht, die Männer mussten weiter arbeiten. Sobald die Heizung im Winter ausfällt, stellen sich grössere Schäden ein, d.h. die ganzen Heizkörper müssen ausgetauscht werden. Ähnliche Probleme haben ja auch die Fahrzeuge, die entweder in einer beheizten Halle stehen müssen oder den Motor den ganzen Winter laufen lassen. In Ust-Nera sind übrigens ab 1.9. Kälteferien, ab diesem Zeitpunkt beginnt zwar die Schule wieder, aber wenn die Zentralheizung erst Mitte September angelassen wird, müssen die Kinder nicht zur Schule. Die Kohle macht sich auch am Strassenrand bemerkbar, immer wieder liegen Brocken von ihr herum.
Die Nacht verbringe ich in einem bequemen Krankenbett, alleine in einem Dreierzimmer.
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Ich hatte im August noch nicht mit Herbstfärbung gerechnet |
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aber ein bisschen gehofft hatte ich schon darauf |
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zusammen mit den Wasserflächen ist das hübsch anzuschauen |
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Mal wieder ein Verkehr |
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weiter der Nera entlang |
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die Strecke war letzte Woche mal kurz unterbrochen |
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weil die Nera hier die Strasse ein bisschen erodiert hat |
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mittlerweile ist sie wieder stark zurück gegangen |
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Nanu wo ist die Färbung? |
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so geht es in den Nachmittag |
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noch das gute Wetter geniessen |
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für morgen ist leider ein ganz Anderes vorhergesagt |
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Die Piste ist weiter gut fahrbar |
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Lichtwasserspiele |
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farbige Kurve |
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Wälder des Nordens |
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Es sind vor allem die Bäume in Flussnähe, die Färbung haben |
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alte Brücke |
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Rückenwind erleichtert die Fahrt |
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frisch geschoben |
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kurzer Rückblick |
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Zauber der Tundra |
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Es ist noch gar nicht so spät |
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aber im nächsten Ort werde ich erwartet |
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Artik ist erreicht |
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macht nur einen halbwegs bewohnten Eindruck |
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Bolniza (Krankenhaus) in Artik |
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