Donnerstag, 9. August 2012

Lenaquerung, Asphalt und das Murmeltier

Nachdem ich Slatko gestern schon gesagt hatte, dass ich normaler Weise früh aufstehe, ist es er, der mich schon im Morgengrauen weckt. Das ist schon in Ordnung, schliesslich befinde ich mich ja immer noch auf der Flucht vor Regen. Ein Blick zum Himmel motiviert gleich zusätzlich, er ist recht blau. Die Nacht war nicht ganz so kalt, wie die Gestrige, so kann es früh losgehen, auch wenn ich den langen Vortag noch in den Beinen spüre. Zum Frühstück gibt es sogar echte Milch aus Slatkos Kühlschrank, dann verabschiede ich mich schon. Der Wind spielt mir heute leider wieder nicht in die Karten, es herrscht starker Gegenwind, der auch schon ohne Verkehr ordentlich Staub aufwirbelt. Die Landschaft ist nun nur mehr leicht hügelig, an der Strasse wird weiter heftig gebaut, bzw. vorbereitet. Es sind viele Waldarbeiter am auslichten des Randstreifens, wahrscheinlich wird die Strasse also erweitert. Ich bin jetzt übrigens im berüchtigsten Abschnitt, unter Highway to hell sind Bilder von der Strasse zu sehen, wenn es mehrere Tage geregnet hat. Dann wäre selbst mit dem Rad schiebender Weise wohl kein Vorankommen, ganze LKW können dann in Schlammlöcher versinken, Autos sind hoffnungslos eingeschlammt und stecken fest. Zum Glück ist die Fahrbahn einigermassen gut befahrbar, nur an wenigen Stellen ist sie mal weicher von einem vergangenem Regen. Sonst waren auf dieser Fernstrasse die vielen Baustellen am mühsamsten, teils ist dann sehr grober Schotter als provisorischer Belag ausgebracht.
Leicht trübes Wetter am Morgen
Hier ist wohl die gefürchtete Schlammstrecke
Mein heutiges Murmeltier, Dauerpannenwagen
Rückblick, zur Hauptstrasse Wladiwostock-Novosibirsk sind es fast 1000 km
Um nicht zu früh zu essen frage ich die Waldarbeiter, wie weit es noch zum nächsten Cafe ist, es ist jenes, das nach 130 km auftauchen sollte. Die scheinen sich aber auch nicht auszukennen, man gibt mir noch 13 km an, nach 3 km bin ich aber schon da. Es ist gleich eine Ansammlung von Cafes, die sich hier befindet, können sie die nicht besser über die Route verteilen? Zudem ist es ja zum nächsten richtigen Ort, bei dem die Fähre über die Lena geht, nicht mehr so weit. In meinem Heisshunger bestelle ich munter über die Speisekarte hinweg, als das Tablett dann vor mir steht, bin ich nicht sicher, ob ich das alles essen kann.
Als ich weiterfahre, treffe ich wenig später einen Bekannten von gestern. Ich hatte ihn gestern überholt, als er gerade eine Panne hatte. Dabei habe ich auch den Photo gezückt, das scheint ihm nicht gut bekommen zu sein. Ein bisschen spitz meint er, dass ich doch heute sicher in Jakutsk bin. Davon gehe ich eher nicht aus, da ich hier wohl keinen 200er Tag zusammen bekomme, zumal ich ja noch die Fähre nehmen muss, das sollte er eigentlich wissen. Keine 5 Minuten später steht er wieder am Wegesrand und werkelt am Reifen. Anscheinend schmeckt ihm nicht, dass ich ihn schon wieder überhole. 2 Minuten später braust er wieder vorbei, es gibt also auch beim Auto Schnellheilungen. Der Abzweig zur Fähre lässt noch auf sich warten, doch irgendwann taucht auch die Tankstelle auf, an der es zum Fährort geht. Die Strasse führt steil herunter. Am Talgrund ein ungewohnter Anblick, kurz gefressenes Gras, wenig später kommen auch schon die ersten Pferde, das ist mal eine Abwechslung. In der Nähe des Dorfes liegt auch die Basis der Stromleitungsbaufirma, welche ich passiere. Die Anlegestelle für die Fähre befindet sich ausserhalb vom Ort. Ich scheine gerade rechtzeitig zu kommen und werde an die kleine Autofähre verwiesen, die scheint mir eigentlich schon voll zu sein. Aber dann hätte sie ohne mich abgelegt. Anscheinend muss noch ein Auto drauf. Die grosse Fähre nebenan ist für LKW und noch ziemlich leer. Als schliesslich noch ein SUV auftaucht muss erst ein Auto wieder runter um schliesslich halb auf der Klappe stehend wieder drauf zu dürfen. Auch das dauerkaputte Auto hat es auf das Schiff geschafft. Zudem treffe ich das Personal von meinem letzten Cafe wieder, die hatten wohl Schichtwechsel. Mit demjenigen, der sein Auto auf die Klappe rangieren musste, unterhalte ich mich ein bisschen, er hat den Audi in Moskau gekauft und es nach Jakutsk gefahren, um es dort mit Gewinn zu verkaufen, entsprechend vorsichtig war er auch unterwegs. Es war seine erste Fahrt. Viele Fahrer, die ich auf der Strecke getroffen habe, machen das, oft besorgen sie die alten Fahrzeuge in Korea oder Japan und fahren sie dann nach Jakutsk.
Heute ist der Staub wieder lästig
da hilft auch keine Leitplanke
Aber ein guter Schesch und eine Sonnenbrille
Kreisgrenze
Noch ein letztes Mal die Eisenbahn
Bald geht es links ab
Da unten wartet die Lena
Fast volle Fähre
Die Lena ist hier kilometerbreit

Die Fährüberfahrt macht mir Bedenken, da der starke Wind, den ich heute schon als Gegenwind gespürt hatte, auch ziemlich über die Lena pfeifft und für ansehliche Wellen sorgt. Ich muss von der Klappe weggehen, da es dort öfter mal hochspritzt. Auch der Kapitän scheint Mühe zu haben. Und so bin ich froh als wir das andere Ufer erreichen, die Lena ist hier mehrere Kilometer breit. An der Anlegestelle wird die Kette gewechselt, es ist jetzt die dritte Kette drauf. In Jakutsk sollte ich daher am besten noch eine Reserve besorgen. Auf der Fähre wurde von mir gar kein Beförderungsentgelt eingefordert, dabei hätte dieses wohl 100 Rubel betragen, sie war also "besplatny". Von der Anlegestelle geht es wieder steil den Hang des Lenaufers hinauf, erst oben beginnt der versprochene Asphalt. Wenig später mache ich wieder an einem teuren Cafe halt, um Abend zu essen. Das Cafe hat jedoch eine besser Speisekarte, als die üblichen Strassencafes und so kann ich mal ein unbekanntes Gericht ausprobieren. Mein Rad steht vor dem Haus. Das scheint den Polizisten, die wenig später hineinkommen, nicht zu passen. Sie meinen ich muss mehr auf das Rad aufpassen, das könnte hier gestohlen werden. Ich meine, dass die Leute hier doch nett sind und frage woher die Polizisten kommen. Der eine ist wohl der Sheriff der Stadt hier und sollte sich daher auskennen. Die Landschaft auf dieser Flussseite kontrastiert erheblich zu allem, was seit Tynda am Wegesrand zu sehen war, es hat viele Wiesen und Tiere, es sind fast mongolische Impressionen hier, obwohl wir deutlich weiter im Norden sind. Am Strassenrand befinden sich immer mal wieder Verkaufsstände für Milch und Smetana. Zur Abwechslung steht mal wieder mein Pannenauto am Wegesrand, ich sage lieber nichts. Das scheint dem Mann auch lieber zu sein, auf der Fähre war er schon wieder recht aufgebracht und hatte mir empfohlen auf dem Hauptplatz von Jakutsk zu zelten. Er ist wohl ein rechter Suffkopf und nicht der Hellste.
Als ich einen Schlafplatz suche, muss ich erst einmal an ein paar Erholungszentren vorbei. Hier gibt es auch Skilifte. Schliesslich finde ich ein paar Büsche, etwa 150 m von der Strasse weg, die mir guten Sichtschutz geben. Etwa eine Stunde nachdem ich das Zelt aufgebaut habe, fängt es an zu regnen, es ist etwa 22 Uhr. Ich bin noch 40-50 Kilometer von Jaktusk weg, das sollte auch bei Regen morgen gut zu schaffen sein.
Vielbefahrene Lena
Durch den Wind recht wellig
Insel im Fluss
Am anderen Ufer
Wohl noch aus Sowjetzeiten, kreatives Ortswillkommensschild
Das andere Ufer wartet mit anderer Landschaft auf
und mit intensiver Weidewirtschaft
Sieht sogar ein wenig mongolisch aus
Schön wieder Pferde zu sehen
Sogar Kühe hat es

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